Fuck you, nach mir die Lava

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Zäsurzeit. Alles fließt gerade.

Und lässt mich nicht aus. Bei mir gab’s ’nen kleinen Bruch. Nicht schlimm, aber doch spürbar.

Ich habe mich vor ein paar Tagen das erste Mal seit der Schule nicht als politisch links verortet. In einem nur beiläufig politischen Gespräch. Es war Dienstag. Sonne. Nordhafen. Park. Stufen. Bier. Die Frage nach Positionierung kurz zwischendurch:

„Du bist doch auch links, oder?“ (Er)

„Nee.“ (Ich)

„Warst du aber immer. Weiß ich doch.“ (Er wieder)

„Ja. Bin ich aber nicht mehr.“ (Ich nochmal)

Dann noch ein Bier. Mehr war nicht. Er hat nur genickt. Und ich habe nichts dazu erklärt. Die nächste Frage war die, an welcher Stelle des Sellerparks man pissen gehen könnte, wenn wir des Biers wegen hier im Freien pissen gehen müssen. Auch das ging fix. Nordhafenvorbecken. Da hinten an der Mündung der Nordpanke. Gegen das Mauerwerk neben der Wassersperre. Nicht weit weg von den beiden anderen Säufern, die dort auch nur sitzen, weil man da hinten so gut unbemerkt pissen gehen kann. Und dort im Eck nie das scheiß Ordnungsamt vorbeikommt.

Zäsur. Jetzt ist es so wie es ist: Nicht mehr links. Für mich dann doch ein Einschnitt. Den ich mit mir selbst ausmachen muss.

Das hier wird somit eine Art Schlussstrich. Der Abschluss einer lang, am Ende doch zu lang gewordenen Phase. Irgendwann ist’s halt einfach mal gut.

Da es ohne das übliche Abgrenzungsritual in diesen seltsamen Zeiten nicht mehr geht, in denen sie sogar völlig unverdächtige Schauspieler für Regierungskritik in die Naziecke stellen und ihnen mit Konsequenzen drohen, bitte sehr hier, die gewohnt ritualisierte Routine: Ich steh‘ natürlich auch nicht für rechts. Null. Nie gewesen. Wird auch nie sein. Geht gar nicht. Das passt auch überhaupt nicht blablabla. Bla. Blaha. Seier. Distanzier. Abgrenz. Kindergarten. Schwurheiliges Sandkastenförmchen aus der filmreifen Floskelfabrik. Sie kennen das.

Tatsächlich steh‘ ich aber auch nicht mehr für links. Wofür ich seit der Schule stand. Die Outsider dort waren links. Die Untergründigen. Subversiven. Die mit den Palischals. Den Docs. Rage against the machine-Shirts. Ich war selbstverständlich auch links. Als Outsider war links eh die einzige Option. Was auch sonst? Als kleiner blöder Bastarddeutschpole mit einer schrägen italienischen Beigabe aus einer lieblos zusammengewürfelten und zugegeben oft asozialen Familie, die nicht funktioniert hat, wissen Sie nie, zu wem Sie sich dazustellen sollen. Früh ein Randständiger. Unzugehöriger. Auf dem Schulhof als Scheißpolacke verschrien. Von den Deutschen und von den Türken. Weil einer wie ich ja Autos klaut. Darauf lief das hinaus. Nur auf das. Ich scherze leider nicht und lustig war das auch nicht. Der Autodieb. Damit kamen sie als Anlass daher. Ganz simpel. Mehr braucht es auf solchen Schulhöfen nicht fürs Mobben. Polacken klauen nämlich Autos. Das war Konsens. Sagt doch schon dieser Harald Schmidt in seiner Late Night Show auf SAT 1. Kuck mal da der Polacke wieder. Wie der schon auf den Fünfer BMW da schielt. Hey! Lass die Finger von dem Fünfer, Polacke!

Ich will das jetzt nicht wie ein typisches schwansterbendes Twitterschneeflöckchen überdramatisieren, aber meine Neunziger auf dem Schulhof meiner Kackschule waren Spießrute. Lange vor dem polnischen EU-Beitritt, der die Dinge dann doch schleichend entspannt hat. Leute wie ich hatten keine feste Gruppe, die Schutz vor Ausgrenzung bot. Waren unzugehörig in jeder Hinsicht. Wo sollte ich also sonst hin außer nach links? Links hat mich nicht gemobbt. Dafür stand links damals. Dass da Leute nicht gemobbt werden. Nie.

Heute gilt das nicht mehr so absolut. Das mit dem Mobbing, aber auch das ganze Linksrechtsschema ist zerbrochen, untauglich, nutzlos geworden. Zur Positionierung nicht mehr zu gebrauchen und zur Orientierung erst recht nicht. Links war mal Freiheit, Party, Fettkiffen, subversiver Untergrund und jede Menge Spaß. Immer war das so. Bei den Linken waren die Klugen. Und die Coolen. Und der Pogo. Jede Punkrockcombo war links. Das war so klar wie irgendetwas klar sein kann.

Jetzt 2021 steht links die Kanzel. Von dort kommen die Predigten. Von dort wird die Regierung unterstützt. Werden Vorschriften rezitiert. Wird Moral in die Hälse gefistet. Bitterer Ernst auf Podien in eitlen Posen ausgestellt. Es lebe die Einschlussfreude. Das Einsperren. Die Reduktion. Das Minimale. Wider die Üppigkeit. Wider das pralle Leben. Verbieten. Mehr verbieten. Und anweisen. Und harte Sanktionen beim Verstoß gegen die Linie fordern. Die einst bunte Meute für Meinungsvielfalt, Frischluftfreiheit, Respekt und Toleranz, die ich aus meinem alten Jugendhaus kenne, kämpft nun verbissen auf allen Kanälen für maximale Unfreiheit. Kommt mit dem Wunsch nach einem durchzusetzenden Verhaltenskorsett daher. Sympathisch wie ein Falschparkeraufschreiber. Und ich finde mich nicht mehr wieder. Ein paar Jahre geht das jetzt schon so. Fremd sind die mir geworden. Fremd das Label „Links“. Fremd das, was sie wollen. Die Agenda, die sie durchdrücken. Was sie da tun war nicht der Deal.

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Befremdend auch dieser mutwillig penetrante und rücksichtslose, dabei wahllose Versuch von Dekonstruktion aller Dinge, die sie triggern. Sprache. Rollen. Konventionen. Strukturen. Die aggressiv geschleift werden, ohne mir etwas Attraktives an deren Stelle anbieten zu können, was wie früher nach Freude, Friede, Frischluftfreiheit klingt. Stattdessen nur Gängelung. Gleichschritt. Gruppenmobbing bei Verstößen gegen die neuen Dogmen. Im Ergebnis maximale Unfreiheit. Und deshalb nicht weniger beschissen als das, was sie abschaffen wollen.

Diese Zeit gefällt mir nicht. Überall nur noch Gesinnungskitsch. Unterwerfungsrituale. Eitle Selbstvergewisserung. Staatsschützende Schnüffelaufträge. Freude an der Demütigung anderer. Kritik und Selbstkritik an Onlineprangern. Bullying. Klassenkeile. Sektenstyle. Ätzend.

Links definiert jetzt auch plötzlich ganz offensiv die verschiedene Wertigkeit von Menschen nach den Merkmalen Hautfarbe und Geschlecht. Wie das früher diejenigen gemacht haben, die zu bekämpfen waren. Links wertet auf dieser Basis ganze Gruppen pauschal ab. Kollektiv. Weiß. Mann. Alt. Hetero. Kübel voller Hohn. Spott. Hass. Was indiskutabel ist. Immer war. War doch immer so, nicht? Wir sind doch die Guten. Wir diskriminieren doch nicht. Wir doch nicht.

Jetzt schon. Die giftige Denke aus den geisteswissenschaftlichen Güllepumpen kam in den letzten Jahren als Durchmarsch und neuer Konsens daher. Massiv. Forciert. Durch Medien. In die Politik. Und zwar von links. Und ist jetzt da. Herrscht. Und teilt auf. Die Einstufung von Wertigkeit nach Hautfarbe ist noch vergleichsweise neu, die nach Geschlecht betreiben sie schon länger. Junge Männer wachsen heute mit dem Bewusstsein auf, dass ein Teil der Elite aus Politik, Medien bis inzwischen hin zu den Boards der Kapitalgesellschaften sie wegen ihres Geschlechts verabscheut und als kausale Gruppe für alles Negative verantwortlich macht.

Links feiert jetzt auch auf einmal den Überwachungs-, Zensur- und Polizeistaat, seit sich dessen hochnotpeinlichen Instrumente so schön gegen den Gegner einsetzen lassen. Deplatforming. Ausladungen. Demoverbote. Knüppelgarde. Inlandsgeheimdienst. Funkzellenüberwachung an der Stadtgrenze Berlins. Wird von links alles abgefeiert. Auch das war nie der Deal. Der Deal war: Kein Polizeistaat. Keine Überwachung. Keine Zensur. Nicht einen Fußbreit. Gar nicht. Unter gar keinen Umständen. Und mit gar keinem Vorwand.

Das gilt alles nicht mehr. Das haben sie umgeworfen. Umgelabelt. Früher galt bei uns links die absolute und unverhandelbare Regel: Das ist der Staat. Dem glaubt man nix. Er will nur Schlechtes. Weil er der Staat ist. Heute klingt das von links plötzlich ganz anders: Das ist der Staat. Dem muss man alles glauben. Er will nur Gutes. Weil er der Staat ist. Und jetzt halt die Fresse, tu‘ was er sagt und hör‘ auf zu nörgeln.

Ich fühle mich sehr fremd jetzt. Dabei stehe ich immer noch dort wo ich immer war. Habe mich gar nicht bewegt. Bin da sehr traditionell. Oder unflexibel, wenn Sie so wollen. Und glaube in meiner alten Linksdenke entgegen dem, was heute als links durchgeht, gerade nicht, dass sich der Staat im Moment um die Gesundheit von mir, Ihnen oder überhaupt irgendwem sorgt. Weil das nämlich der Staat ist. Dem bin ich so egal wie der mir. Ich bin für den nur eine Wurst. Wie Sie auch. Wie jeder. Der interessiert sich einen Fick. Wenn ich morgen abkratze, dann ist dem Staat das so maximal egal wie irgendwem irgendwas egal sein kann. Er muss dann halt eine Steuernummer im System löschen. Klick. Weg. Und bei der jährlichen Haushaltsaufstellung fällt ein Posten auf der Einnahmenseite weg und es fehlt fortan einer der Idioten, der Rundfunkgebühren für diejenigen abdrückt, die inzwischen kilometerweit an ihm vorbei senden.

Aber dort links kaufen, kauen und schlucken sie diese sehr platte Fürsorgeshow der früher mal für sie erkennbar miesen Politdarsteller, scharen sich um die kalt berechnenden Fearmonger aus den blasierten Leitungsetagen, reihen sich hinter die Wasserwerfer ein, nicken die als Bundesnotbremse verbrämte Notverordnungsgesetzgebung aus dem Werkzeugkasten des Zweiten Weltkriegs ab und mobben jeden Abweichler davon aus allen Kanonen mit allen Instrumenten, die sie haben.

Ich habe immer erwartet, dass auf meine Zeit der relativen Freiheit als junger Erwachsener, Nullerjahre bis erste Hälfte der Zehnerjahre, zwangsläufig eine Zeit der Unfreiheit folgen wird. Das war mir total klar. Dass das nicht ewig so weitergeht mit dem freien Reden, den ganzen Demonstrationen, der Freizügigkeit, allen Dingen, von denen sie mir in der Schule erzählt haben, dass sie unveräußerlich sind. War klar, dass das irgendwann geschleift werden wird. Ich habe nur nicht erwartet, dass das von links unterstützt werden würde. Mich hat das kalt erwischt. Von hinten quasi. Es ist meine Seite, die das trägt. Meine Seite, die das begeistert mitmacht. Und die bald wohl noch mehr davon gleich selber machen wird.

So ist der Stand. Ich war mal links. Weil es eigentlich ganz einfach ist: Immer für die da unten, immer gegen die da oben. Nur so einfach ist es nicht mehr. Da oben weit über mir sitzt jetzt von links forciert eine subventionsverfettete Polit- und Kulturschickeria, die ihre gepamperten Staatsschranzen von meinen Abzügen für Wochenendarbeit und Überstunden aushalten lässt und mir dabei noch kackfrech sagt, was ich wie sagen soll, tun muss und definitiv nicht mehr tun darf.

So wie das Rausgehen nach Mitternacht jetzt. Mit etwas Gras im Verdampfer. Thälmannpark. Mondschein. Max Romeo im Ohr. Bier dazu. Chillen. Geht nicht mehr. Weil es jetzt verboten ist. Und in Zukunft immer mal wieder verboten werden wird, wenn es gerade passt.

Und von links höre ich dazu nur „Fresse! Polizeistunde! Bleib zuhause!“

Ist halt arg wenig. Nur untertänig. Staatstragend. Bürgerpflichtig. Und damit nichts, womit ich was anfangen kann.

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Ich war mal links. Und das gerne. Bevor daraus das neue identitäre, autoritäre links wurde. Links war mir mal selbstverständlich. Unverrückbar. Vor ein paar Jahren noch. Ich habe keinen einzigen der Texte von früher unterschlagen, die ich so haltungsstark aufrecht ins Internet geschissen habe. Klappen Sie, wenn Sie mögen, mein verlaustes Archiv auf. 2013. 2014. 2015. Mein Peak im Haltungsbloggen. Ganz schön empört stellenweise. Schräg aus heutiger Sicht, wenn es nicht gleichzeitig doch irgendwie knuffig wäre in der Nachschau. Aber egal. Lernen durch Schmerzen. Sie bleiben alle im Archiv unredigiert stehen wie verlassene Brandstellen, deren Furor heute nach den Jahren sowieso niemanden mehr juckt. Liest ja eh keiner mehr, den Mist. Das ist ja auch das Schöne an Blogs. Dass sie so scheißegal sind.

Aber auch die Texte anderer kann ich oft nicht mehr lesen. Blogs, Portale, Schreiber, die ich früher gerne las. Geht nicht mehr. Ich habe kürzlich eine ganze Reihe alter linker Feeds aus dem Reader gekickt, weil sie schlicht unlesbar geworden sind. Verkopfte Phrasen. Gendergesterne. Doppelpunkte in den Wörtern. Üble superkorrekte Schachtelsätze, die lange schon niemandem mehr weh tun. Haltung Haltung Humorlosigkeit. Dogma. Steifheit. Staub und Blei.

Als Kompensation für die Gekickten habe ich mir ernsthaft ein paar dieser zahllosen neuen jungen liberal-konservativen Blogs in den Reader geschaufelt. Weil die witzig sind, sich geil lesen. Nein, leider keine Ironie, Lib-Kon wirkt jetzt witzig und frech. Verarscht die von links besetzte bittere Kanzel, von der aus der neue Klerus immer jeden Tag die Tugend, die Reinheit und natürlich die nie endende Frauenverherrlichung predigt. Echt mal, Alter, Lib-Kon-Blogs. Und das mir. Ich. Lese die jetzt. Weil die so fresh sind. Kurzweilig sind. Direkt. Ungeschminkt. Auf jeden Fall unkorrekt. Weil sie es jetzt sind, die die Frischluftfreiheit bringen. Wie ein weit geöffnetes Fenster eines vollgefurzten Wohnzimmers daherkommen. Es tut mir leid. Ich konnte und wollte (und will) eine klammheimliche Freude nicht verhehlen. Die neuen jungen Lib-Kons sind besser, eloquenter und furzfreier als das ganze linke Blei, das jetzt in den Feedreaderregalen rumliegt, nichts Kritisches mit Substanz mehr zu sagen hat, aber sich dafür gegenseitig staats- und holzmedienfinanzierte Preise für die eigene moralinreine Haltung verleiht.

Dass die Liberalkonservativen aus der Mottenkiste der Kinkels und der Kohls jetzt in dieser Zeit plötzlich die neuen Rebellen sind, macht mich ehrlich fertig. Sie feiern die Auferstehung. Mit neuen Portalen. Eigenen Plattformen. Vernetzt über alternative Messenger. Frech. Fresh. Hochkritisch. Subversiv. Witzig sogar. Und geklickt wie blöd. Jetzt stehen diese Typen auf einmal für Freshness, Party, Untergrund und jede Menge Spaß. Wie früher links. Und ich stehe im Raum herum, rausgespült aus allem, übriggeblieben, entfremdet, alleine, wieder mal, glotze blöd in mein leeres Scotchglas und frage mich: Was soll der Scheiß? Wie konnte das passieren?

Ich bin jetzt also raus aus dem giftigen Spiel. War schön, aber tschüss. Ich habe mich rausgenommen. Ausgewechselt. Kümmere mich maximal noch um geeignete Rahmenbedingungen zum Chillen. Premium Jack Herer. Der Single Malt im Regal. Kerzen wären nett. Damian Marley aus den Boxen bis die Nachbarin bollert. Und dabei schaue ich der gestörten zerfetzten wundgescheuerten Post-Merkel-Gesellschaft beim Köpfeeinschlagen zu, wie ich mir den Penner vom Balkon aus anschaue, der zu 23 Uhr die Straßenlaterne vollbrüllt und danach vor einen Mülleimer kotzt. Ach kuck mal die Politkommissare wieder. Da schreien sie. Da höhnen sie. Intrigieren. Mobben. Framen. Manipulieren. Aus allen Richtungen. Im Duktus wie viele kleine Diederich Heßlings, so giftig und klein geworden in ihren vielen verschiedenen heiligen Missionen.

Und das ist übrig geblieben am Ende meiner nun über 20 Jahre Linkssein: Eine reizüberflutete Existenz mit Popcorneimer auf dem Schoß als passiver Konsument von neurotischen Kernschmelzen im Internet, einer, der jedes Interesse daran verloren hat, dazu beizutragen, dass das alles wieder so wird wie vor ein paar Jahren noch. Halbwegs zivilisiert. Relativ human. Normal. Alles abgehakt. Zu den Akten gelegt. Kein Bock mehr auf Konstruktives. Nur noch Bock auf Destruktives. Ich baue nix mehr auf, ich baue jetzt ab. Glotze auf das Chaos. Die Randale. Den Geifer. Den Untergang des Diskurses. Und das ist okay. Macht mal. Hauptsache was los. Zukunft war gestern. Zündschnur. Boom. Der Zehnerjahrebiedermeier ist fällig. Er wird jetzt abgefackelt. Von den Rändern her kokelt die dünne Decke der Zivilgesellschaft bereits zu einem verwachsenen Plastikklumpen, der fürchterlich anzuschauen ist wie das Gedärm eines überfahrenen Stadtfuchses. Volksverpetzer. Querdenken. Panorama. Brexit. Tichys Einblick. Von der Leyen. Alice Weidel. Die greise Merkel. Fahrverbote. Sprachverbote. Enteignungen. Der explodierte Mietendeckel. Open borders. Gender. Nazis, Nazis, überall Nazis. Alle hassen alle. Die Abseitigen haben übernommen und schuld ist das Internet. Neurotiker. Banausen. Unästheten. Stumpfe Bilderstürmer. All die ganzen Missionare, die es schon lange aufgegeben haben zu überzeugen, sondern nur noch zwingen wollen. Ab in die Seligkeit durch Mobbing. Ins Paradies per Diktat. Hallo Leute. Wir sind die Guten. Also haltet die Fresse und hüpft mit. Alle. Jetzt. Oder wollt ihr Nazis sein?

Das ist die Sprache, die jetzt herrscht. So kommunizieren sie nun. Im Kasernenhofton. Mit einer Außenwirkung und dem Charisma eines Eisblocks. Doch. Eisblocks. Wenn ich die Spitzenteams der linken Parteien sehe, friert es mich. Ganz unwillkürlich. Es tut mir leid, aber ich kann dafür nix. Es stellt sich einfach ein. Bibber. Was ich da sehe sind wieder mal Apparatschiks. Funktionäre. Dogmatiker. Maximal Humorlose. Wenn ich sie sehe und höre, wird es plötzlich ganz ganz kalt und ich mag mir gar nicht vorstellen, wie es sein wird, wenn die möglicherweise bald ganz da oben sitzen in den Positionen, Gremien, Sesseln und von dort das erwünschte Verhalten nach unten diktieren und durchsetzen werden.

The path to inner peace begins with just four words: Not my fucking problem. Anymore. Ich bin damit am Ziel der Reise zum Gipfel des Nihilismus. Nur noch ein großes schwarzes Nichts. Ich bestelle Scheiße im Internet. Fresse eingeschweißten Mist, der auf Fahrrädern geliefert wird. Saufe Schottlands Post-Brexit-Reste weg. Konsumiere alles was irgendwo rumliegt. Stiere von meinem Balkon speedbenast auf eine Welt, die ich nicht mal mehr hassen kann, weil sie mir für so ein starkes Gefühl wie Hass zu egal geworden ist. Dahin hat das also alles geführt. Da ging es hin. Hier stehe ich und könnte anders, mag aber nicht mehr. Bin endlich so stumpf und dumm geworden wie weißes Papier. Nichts mehr ist von Belang. Keine Richtung, kein Programm, keine Person. Nichts will ich mehr. Nirgendwo mehr hin. Nichts mehr bekommen. Nichts mehr ändern. Nichts mehr so lassen. Nur die Zeit abtöten mit Unterhaltung.

Diese komplette Ignoranz und das unendliche schwarze Nichts gehen in der Konsequenz so weit, dass ich mich nicht einmal mehr zu Einzelthemen, die mich eigentlich betreffen müssten, positionieren kann, wenn mich Leute fragen. Ich solle Farbe bekennen. Sagen wo ich stehe. Eine Seite wählen. Kann ich nicht. Sage ich dann. Juckt mich nicht. Ich bin ein Mensch ohne Meinung. Der Planet? Egal. Hochjagen wegen mir. Tempo 30-Limit in der ganzen Stadt? Wurscht. So lange Uber mich fährt und ich chillen kann. Kampf gegen Überwachung? War mir mal wichtig. Jetzt weg. Heute habe ich meine ganze Papierablage digitalisiert und zu Google Drive hochgeladen. Immer unterwegs dabei den ganzen Schriftverkehrshit. Sie wollen meine Urologendiagnose sehen? Meine Blutwerte? Die Rechnung für die Salbe gegen Genitalpilz? Bitte sehr. Mir doch egal. Schauen Sie bei Google Drive. Ich schick‘ Ihnen den Link zur Ablage. 19 Euro und 25 Cent kostet so eine scheiß Salbe. Die Sie sich auf die Eichel schmieren können. Damit der Pilz weg geht. Was? Ob mich das stört? Dass Sie das jetzt wissen? Können Sie ruhig. Mir doch egal. Wie alles. Nichts interessiert. Milchpreise. Schredderkücken. Ein fucking Fußgängerüberweg. Die Scheißregierung. Kobaltkobolde. Twitterfurien. Netzsperren. Haltungspresse. Kokabauernrevolte in Peru. Meine eigene Karriere in einem Witz von Heißluftpuff, in dem jeder von uns nur eine auszulutschende Figur in einem absurden Personalschachspiel vieler kleiner Mr. Wilfords ist. Egal. E-he-gal. Fuck you all. Pisst euch weg. Schifft euch ein. Ich schaukle auf einem Kahn mit kaputtem Steuer auf den Wasserfall des gnädigen Nichts zu und bin scheißglücklich damit.

Hey.

Pscht.

Hören Sie das?

Vom rechten und linken Ufer kann ich sie noch entfernt brüllen hören. Sie geifern wieder. Kläffen. Wiegeln ihre Follower auf. Da im Internet. Mobben. Denunzieren. Intrigieren. Zersetzen sich gegenseitig. Der Wind trägt es her. Zu mir, der sich nicht mehr dazustellt. Fertig mit ernsthaft allem suche ich nur noch schnelle Unterhaltung. Aus der Ferne. Wenn bei Netflix nix besseres läuft, luge ich gerne mal ohne mir einen Zugang zu legen über den Browser bei Twitter rein. Kühnert gegen Curio. Brechtken gegen Sixtus. Alphonso gegen Hayali. Irgendeine Milf gegen irgendeinen Ulf. Den neonlichternen Monitor vor mir gammle ich im lange schon nicht mehr coolen Cyberspace umher. Wie auf einem moosigen Faltboot voller altem Ballast im Burggraben einer mittelalterlichen Irrenanstalt. Haltungslos. Zuletzt endlich haltungsbefreit. Ein Zuschauer beim Schlammcatchen bis alle weinen. Und dann schalte ich um, weil ich Weinen nicht ausstehen kann. Ab zu YouTube. Auf den Kanal irgendeines Pranksters, der bräsige Passanten in der Fußgängerzone verarscht. Und damit Werbegeld verdient. Was in dieser Kombination ein so schönes Symbol der vollkommen degenerierten Gegenwart ist. Für nichts mehr zu stehen ist brilliant. Grandios. Ausgesprochen attraktiv. Gefällt mir. Was aus mir geworden ist, ist die letzte verbliebene Möglichkeit des Protests. Nix mehr wollen. Nix mehr supporten. Abschalten. Rausnehmen. Sich nie mehr positionieren. Maximal uninteressiert werden an allem, was sie so den ganzen Tag lang fordern. Postpolitisch. Vernunftfrei. Unkorrekt. Unempfänglich für Moralapostelei. Tugendfuror. Hashtagaktivisten. Aufgeregtheit. Und ihre Kanzel da oben. Ich bin durch. Ich will eure hässliche Welt nicht mehr retten, ich will eure hässliche Welt samt eurer toxischen Arena brennen sehen. Den ganzen verschiedenen Zündlern aus allen ihren Glaubensrichtungen beim Anzünden zusehen. Allen. Denen. Euch. Der. Dem. Ich bin raus und das mit voller Freude. Nach mir die Lava.

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