Hirnsudelei 08/23

Liebe Blinddärme und Blinddarmenden,

ne Frage: Werden auch Sie 2023 immer noch von welchen als Aluhut oder Schwurbler betitelt, die der Meinung sind, es wäre tatsächlich noch eine Beleidigung?

Ja? Gut. Ich nicht.

Was noch?

Nix.

Nur Alltag im Inflationsland: Ein normaler Einkauf bei Rewe für eine knappe Woche, in der das Kind bei mir ist, kostet mich jetzt um die 80 Euro. Bei Lidl und Aldi komme ich auf um die 60 Euro für den stinostandard Wocheneinkauf, was für Discounter auch ungewohnt viel geworden ist. Für das übliche bisschen Zeugs. Wurst. Käse. Milch. American Sandwich Toast. Nudeln. Hähnchen. Kleines Rumpsteak für den nachwachsenden Fleischfresser. Reis. Obst. Zeug halt, um so einem superpubertierenden Kind, das die vegetarische Schuleimerpampe ekelhaft findet, wenigstens was nährend Warmes abends auf den Tisch zu stellen.

Es ist ein Einkauf, den ich bei einer Kassiererin bezahle, bei der ich mich frage, wie sie das alles plus Miete plus Energiewucher als Mitglied der Unterkaste von Billiglohnschland bezahlen soll. Der Tanker hat enorm soziale Schieflage, finde ich. Wer nicht von den Transfers eines Gönners lebt, nicht erbt oder wie die Meisten weniger als 3.000 netto im Monat hat, hat ein kaum mehr legal zu kittendes Ausgabenproblem.

Ich glaube der Kapitänsloge nicht, dass finstere Mächte daran schuld sind, dass die Löhne kaum steigen, während die Kosten explodieren. Oder das Wetter. Marsmenschen. Oder der Putsch im Niger. Glaube ich nicht. Ich finde vielmehr, es ist das Ergebnis der Politik dieser fürchterlichen Ampel. Und diese fürchterliche Politik saugt in aller Konsequenz das Geld für die Grundbedürfnisse ab. Mieten. Nahrung. Energie. Da wünscht man sich fast die fusselige Merkel zurück.

Der begleitend dazu immer deutlicher und drohender formulierte Anspruch, dass man die Verantwortlichen für das, was sie tun, nicht mehr pointiert kritisieren, persiflieren, parodieren soll, nur um dem blauen Voldemort mit dem blonden Rhetorikfallbeil an dessen Spitze nicht in die Hände zu spielen, ist ein Hohn. Dabei gäbe die Politik dieser infantilen, dilettantischen Regierung voller Ungelernter jede Menge Content für hunderte Kabarettisten her, die aber alle ihren Job nicht machen.

So weiß ich gerade nicht, worüber ich mich mehr sorgen soll – dass das alles einfach immer so weiter geht und die Dekonstruktion der Verlässlichkeiten noch mehr eskaliert oder dass das große Ausmisten durch Leute kommt, die ich nicht haben will. Beides ist unnötig und unendlich deprimierend.

Und weil es gerne immer noch ein Shit mehr obendrauf auf den Scheißhaufen sein darf, bringen sie jetzt Mitte August tatsächlich noch einmal den Ghul, simply the best of Pandemieskript, einfach wegen des großen Erfolgs und weil sie es können:

(via Dennis)

Kloppkloppcontent. Neue Hausärztin. Der steinalte Vorgänger ist in Rente. Oder mit dem Flugzeug abgestürzt. Oder nach Chisibubikaio ausgewandert. Keine Ahnung. Und meine lustige Therapie lief vor knapp einem Jahr aus.

Dachte, es geht auch mal wieder ohne. Ist aber instabil. Bescheuert. Macht null Bock. Zu viel Ballast noch. Zu dunkle Wolken, die zuletzt in Prag quollen, ohne dass ich sie eingefangen bekam. Tod. Teufel. Irrenhaus. Wegdriftende Anker. Bock auf Springen. Dann Bock auf Ausrasten. Feiern. Ekstase. Dann wieder Springen. Edge Edge Edgy. Stabilität krieg‘ ich so nicht hin. Doctolib auf. Neuer Ärztin die alte Diagnose hochladen. Termin machen. Die chronische Manidep kommunizieren. Mich erklären. Um Hilfe bitten. Schein kriegen. Sitzungen planen. Stabiler werden.

Dachte ich.

Doch nein:

„Nana, wir leben alle in schweren Zeiten. Zieht einen manchmal runter. Sie machen mir einen ganz munteren Eindruck.“

„Ick bin aber nicht munter. Ick bin bipolar. Chronisch. Und ick kriege das Tief gerade schlecht gewuppt.“

„Ach komm, Sie als gestandener Kerl. Machen Sie Sport.“

„Ick mache Sport. Fünfmal die Woche. Hilft aber nur temporär.“

„Ja, wir leiden alle unter der Zeit. Ist nicht einfach für uns alle.“

Und moderiert ab.

Wer braucht so eine Ärztin? Die mit der Männernummer kommt: Kopf hoch. Hab dich nicht so. I-Wörter weinen nicht. Geht vorbei. Klopf Klopf. Sei ein Kerl. Sei wie wir dich haben wollen. Reiß. Dich. Zusammen. And there goes my Therapieplatz down the drain.

Shit.

Es ist traditionell schwer mit der Akzeptanz der Diagnose auf der Schwelle des Hausarzttums. Mag wieder an der Männersache liegen. Ihnen als Mann glauben die Leute solche Beichten weniger. Halten Sie für einen Simulanten. Oder einen Deserteur, der die Erwartungen der Anderen aus purer Mutwilligkeit nicht bedienen will. Oder machen Witze. Schulterklopfer. Wird schon. Höhöhö. Alles hat ein Ende nur die Wurst …

Dieser verdammte Empathiegap. Ich müsste mir wahrscheinlich endlich eine Ladung Schrot in die Fresse schießen, dann würden sie blöd glotzen. Blöde Sachen sagen. Oho. Also das hätten wir nicht gedacht, nicht gedacht hätten wir das. Bei dem nicht. Hohoho. Davon war ja nix zu merken. Nix zu merken war da.

Bratzen. Dusslige. Mehr als sagen kann ich es nicht.

Ick brauch erstma ne neue Hausärztin. Kennense eene? Ne Jute?

Ausflugscontent. Ich war heuer wieder draußen in Brandenburg. Mit dem Kind auf einer Wandlitzer Minigolfanlage voller Brandenburger wie Brandenburger nun mal sind: Komische Haarfarben, Selbstbräuner, schlecht tätowiert, unleugbar unförmig. Und sehr laut: UGGA UGGA HÖHÖHÖ COURTNEEEEY! DU MUSSDA HOCHKOMMEN UND INNEN SCHLITZ TREFFN’N. HÖHÖHÖ SCHLITZ TREFFN’N! FASTEHSTE? HAHAHAHA.

Ich wünschte, mich hätte ein Minigolfball an der Schläfe getroffen und einen Hirnschlag ausgelöst, dann wär’s vorbei, dann hätt‘ ich diese grauenhafte Zumutung von Menschheit endlich hinter mich gebracht, aber leider nein. Kein Minigolfball. Leider auch kein Seil zum Erhängen. Oder Samuraischwert zum Entleiben. Und auch kein Meteorit. Auf die Minigolfanlage. Ich bedaure das.

*

Reicht. Hier wieder das aufgesammelte Messengerschwemmgut, ein ganz bunter Reugen Eugen Reigen heuer.

Zuerst die Piraten des Monats:

Hahaha. Ha. H. Super, die Piraten. Jetzt auch noch homophob. Ich glaube, ich beerdige jetzt auch das Letzte, das ich mir von denen behalten habe: Meine Nostalgie.

Die Nanny des Monats ist meine Stadtverwaltung:

Bitte atmen Sie. Ein und Aus. Immer wieder. Sonst werden Sie sterben. Grüße und Bussi. Liebe Kinder. Euer fürsorglicher Berliner Senat.

Der Faktencheck des Monats:

Achtung Leute, die Parodie ist eine Parodie. Wir müssen das sagen, weil man sie sonst nicht von der Realität unterscheiden kann.

Gender des Monats:

Ich finde es gut, dass jetzt auch der genderfluide Boden mit angesprochen wird. Nicht dass der sich noch sprachlich ausgeschlossen fühlt. Groß.

Hier der Paulanergarten des Monats:

Hammerstory. Hochkreativ. Und alles drin was drin sein muss, um die Fühlis in ihrem Moralempfinden abzuholen. Hut ab.

Die Verwarnung des Monats:

Der Örr hat in Geschichte nicht aufgepasst. Oder in Berlin das Abitur gemacht. Kann auch sein.

Schön zu sehen, dass es die vernünftigen, wenn auch den Kurs des schlingernden Dampfers wenig beeinflussende Stimmen doch noch gibt. Hier der Vince Ebert des Monats:

Doof nur, dass man den nicht wählen kann.

So lasst uns denn besser wieder die Hysterieschraube drehen. Nochmal den Angstporno bringen. Hier der Wiedergänger des Monats:

Es ist wieder da. Alerta! Maske auf! Maske auf! Nazis!

Ach ja, Nazis, das Nazi des Monats ist Buchstabieren:

H wie Heinrich, U wie Ulrich, S wie Siegfried, O wie Otto, S wie Siegfried. H-U-S-O-S. Danke, Örr.

Mehr Nazis. Bitte sehr, Dünnsein:

Hören Sie jetzt unverzüglich mit dem Sport auf und fressen sich eine Nackensteakfettschürze an. Weil dünn geht gar nicht mehr.

Noch mehr Nazis. Hier, Humor ist seit diesem Monat auch Nadsi:

Neue Direktive: Bitte hören Sie auf zu lachen. Und Witze zu machen. Und die geschliffene englische Rhetorik der großartigen feministischen Außenministerin zu parodieren. Weil … öhm … Nadsi.

Wohin das führt, können Sie an der nutzlosen Nazikeule des Monats sehen. Die Bäckerei Habeck auf Rügen hat sich umbenannt in Café KostBar und wird seitdem vom Internet als Nazis beschimpft, was denen aber auf eine sehr lustige Art egal ist:

Wobei ich das mit der Umbenennung verstehen kann. Ich würde auch nicht heißen wollen wie dieser irrlichternde Typ, der diese feindselige Politik da oben macht.

Vielleicht wird aber deutlich, worum es mir geht: Die Keule ist jetzt endgültig nutzlos. Stumpf. Den Gekeulten wird es egal, wie sie genannt werden, selbst wenn es Nazi ist, wovon diejenigen profitieren, die wirklich welche sind. Dass das nicht gut ist, wurde immer gesagt und war trotzdem jedem tugendsignalisierenden Internettröter egal: Ihr relativiert. Ihr verharmlost. Ihr zerstört den Begriff fürs Unbegreifliche. Ihr seid dumm. Und gewinnt gar nix.

Gut jetzt. Mit der Replik des Monats verabschiede ich mich, bitte lassen Sie sich nie sagen, dass Sie aufhören sollen, die scheiß Politiker zu verarschen, das muss so sein, kuck ma so:

Uta for da win. Und das war der August. All said. Bye bye.