Linkschleuderei vom 1. Juli 2021

Mancher wagt viel, um viel zu gewinnen
Mancher gewinnt, um dann gar nichts mehr zu wagen

Fehlfarben


Schönes fettes Gewitter gestern früh. Wenn man kein Gewittertrauma hat und nicht gerade auf Laufrunde mitten in der Schönholzer Heide ist. Um mich herum nur Bäume. Aber egal. Erstens bin ich ein Glücksschwein, mir passiert nie was, egal wie leichtsinnig ich bin, und zweitens ist die Chance, an einem Blitz zu sterben noch geringer als im Straßenverkehr, beim Ficken oder an einer Grippe abzutreten… bitte wen juckt’s. Solch Ballast spielt sich immer nur im eigenen Kopf ab. Mit der unnützen Frage immer: Was wäre wenn, was wäre wenn…?

Größeres Problem bei so einem Platzregen: Die Nippelpflaster gehen schnell ab und das klatschnasse Funktionsshirt reibt hernach wie Hulle an den Männermäusetittchen, so dass sie bluten. Und ich habe geblutet. Wie Jesus aus den Handflächen. Nur aus den Nippeln. Fies.

Die Links. Read this:

Berliner Zeitung: Plagiatsvorwürfe gegen Annalena Baerbock: Hat sie in ihrem Buch abgeschrieben?

Mit eigenem Hashtag wieder. #baerplag. Echt gemein. Und frauenfeindlich obendrein. Ich lehne das ab. Hat sie doch wenigstens versucht, rechtzeitig zum Wahlkampf ein visionäres Buch schreiben zu lassen. Muss man anerkennen. Und hey, 24 Euro sind doch günstig für ein Buch. Billiger sind Bücher nie zu haben. Ich verstehe die Aufregung nicht. Man muss doch auch mal die Kirche im Dorf lassen. Ist doch die Wahrscheinlichkeit immerhin recht hoch, dass ihr Rufname echt ist. Und das reicht ja wohl.

Ein Scherbenhaufentheatergericht. Große Fresse gehabt. Hochgepusht durch alle befreundeten Portale geflogen. Die eigene Bedeutung bis über Absurditätsgrenze hinaus aufgeblasen. Sich für des Himmels Geschenk ans Land gehalten. Und jetzt ist es wie in der Schule: Niemand mag Streber. Und wenn sich herausstellt, dass der Streber ein Bluffer ist, erst recht nicht mehr. Dann freuen sich alle, wenn er fällt. Plumps.

n-tv: Bloß nicht zurücktreten – Politische Verantwortung ist abgeschafft

Stimmt schon. In der Nachschau betrachtet hatten sie früher echt vergleichsweise Schneid. Jetzt ist’s egal. In der Empörungsroutinenmaschinerie müssen Sie einfach nur warten, bis morgen schon der nächste an der Reihe ist, der das ebenso einfach aussitzen wird. Weil es eh dauernd neue Aufreger gibt, ist das Aussitzen wieder die lohnendste Strategie, wenn Sie im Kreuzfeuer stehen. Einfach warten. Morgen schon empören sie sich über ein rosa Überraschungsei. Oder Tampons. Oder Til Schweiger.

Telepolis: Überwachungsfantasien im Ministerium

Ekelhaft. Ganz unironisch. Einfach ekelhaft. (via)

Im erweiterten Kontext: Der Transrapid und das Geschwätz der Grünen

Freunden Sie sich mit den Realitäten an. Es wird das chinesische Jahrhundert. Machtpolitik bleibt nämlich Machtpolitik, die immer auf technischer und finanzieller Überlegenheit fußt. Das wird sich auch nie ändern, egal unter welchem Banner. Gewöhnt euch dran, liebe Steuerinnenzahla, und macht mal schön Gender und Fahrrad.

The Organ Evangelist: Hirnsudelei vom Orgelmann Juni 2021

Greetz.

M7: Überhitzung und Entladung

Kommt der mit Vernunft daher. Vernunft. Als hätten wir noch 2005.

univadis: Umfrage bestätigt: Vertrauensbildende Maßnahmen besser als Impfzwang

„Wer dem Staat misstraut, mag sich schon gar nicht zum Impfen zwingen lassen“. Kann mir gar nicht erklären, wo dieses Misstrauen herkommt. Gibt doch gar keinen Anlass für. Vertrauen Sie doch einfach mal. Versteh‘ das nich’…

Caschys Blog: John McAfee wurde tot in seiner Gefängniszelle aufgefunden

Say oops upside your head. Wenn einer auf der Achterbahn gelebt hat, dann John McAfee. (Heise hat noch ein bisschen mehr zu den Umständen und der Figur.)

WinFuture: Lex Drachenlord: YouTuber bekommt von Gemeinde eigenes „Gesetz“

Ohne Internet hätten wir nicht solche Geschichten von unbedarften Leuten aus unbedarften Gemeinden, die man früher vor sich selbst geschützt hätte.

Heise: Länder wollen Zwangsfilter in allen Betriebssystemen – Verbände laufen Sturm

Es ist ein infantiler Nannystaat voller übergriffiger Pomeranzen, die niemandem mehr irgendwas alleinverantwortlich zutrauen. Schnuller anyone?

rbb24: Weltrekord-Fahrt durchs Berliner U-Bahn-Netz scheitert an Signalstörung

Hahaha. Ich platze. Herrlich. Mein Berlin. (ja, sorry, öffentlicher Rundfunk, maximal unseriös, ich weiß, aber die Überschrift war so schön.)

Rückseite der Reeperbahn: Als wären sie nie da gewesen

Junks wieder.

Eine Runde Musikunde:

Kaaris – Chargé

Ausgesprochen schöner Hip Hop-Track mit schönem Bass, der meine Nachbarin stresst (und mich freut). Klingt wie Französisch, aber ich verstehe kaum ein Wort. Pigdin-Français peut-être. Macht aber nix. Böngt.

Genrewechsel. Klassische Musik kann ich nicht ausstehen. Beginnt klassische Musik zu laufen, bekomme ich unmittelbar ADHS und möchte Etiketten von Bierflaschen knibbeln, mir die Zehennägel abkauen und mir einen runterholen. Es gibt aber Ausnahmen von dieser Regel und das ist eine bestimmte Sorte ruhiger Klaviermusik. Ich weiß nicht warum, aber sie macht mich friedlich. So wie Nox. Toi et moi.

In dieselbe Kerbe: Ibi aus Berlin. Total gut. Und nein, ich weiß auch nicht, warum ich das so mag. Minimalistisches Klaviergeklimper bringt mich einfach runter.

Und dann meine Güte, Michael Galla ist jetzt auch schon wieder knapp zehn Jahre tot. Unvergessen die Holzfiguren und Leierkästen. 2007. Mein erstes Mal, dass ich Europa verlassen habe. Und dann gleich Zentralasien. Wildnis. Ein Tatare mit Jurte. Wodka in Litern. In den alten Kabelkopfhörern Michael Galla, der mir Geschichten erzählte. Wie die Zeit rast. Eben noch Schulhof, Abitur, Arschlochlehrer, Ausbildungsleiterschnepfen. Und dann biste plötzlich 40. Irre.

Mit Leidenschaft gehört damals auch: Fiva MC, als sie noch nicht wie heute opportunistisch auf die Identitätspolitikschiene surfte („ich, Frau, alle sind so fies zu mir, deswegen wird aus mir nix, weil ich Frau bin bla…“, unhörbar). Unvergessen der deepe Bombtrack Kein Stück zurück. 2005, glaube ich. Sie wurde sehr respektiert. Weil sie tight war. Trotz Deepness. Haben halt wenige gebracht. Deep und tight. Sie schon. War gut.

Jetzt ist 2021 und Fiva nur noch woke. Klebrig poppig. Und wack. Neuestes Album durchgesnippt und müde weggeklickt.

Glotzecontent: Comedians in cars getting coffee. Auf Netflix. Das Alterswerk des Jerry Seinfeld. Mit schönen alten Autos. Wirkt wie die Abschiedstour eines Dinosauriers. In Dinosaurierautos. Ist immerhin auch schon 67, der Mann. Quasi schon mit anderthalb Beinen im Grab. Ich mochte Seinfeld, als ich klein war. Jerry. Elaine. Und Cosmo Kramer. Auf Pro 7 lief das, glaube ich, damals. Wie lang her das ist.

Danach habe ich blind eine von der App offensiv aufgedrängte Empfehlung geschaut: No country for old men. Keine Ahnung, ging damals 2008 völlig an mir vorbei, der Film. Aber der Netflixalgorithmus wusste es besser. Volltreffer. Atmosphärischer Film. Lange Szenen. Packend auch. Schön anders. Allerdings müssen Sie vielleicht wie ich Untertitel reinmachen. Dieser Dialekt (was war das, Texas?) war mir zu krass, ich habe wenig verstanden. Dennoch: Thx, guter Move.

Die unzufriedene Ärztin sagt, ich soll fetter werden und zudem mal einen Monat keinen Alkohol trinken. Machen wir so. Hier der Restaurantcontent, das erste Mal seit ich zurückdenken kann komplett alkoholfrei:

Mein Kiez wird auch immer nobler. Wir werden radikal gekollwitzplatzt. Enzos Sushibar zum Beispiel. Gerammelt voll, seit sie mit Lobpreisungen der gammeligen B.Z. bedacht wurden (verlink‘ ich nicht, vergessen Sie’s, suchen Sie selbst). Natürlich ist das Zeug von denen gut. Premium. Hier im früheren Abbruchkiez. So habe ich zum ersten Mal Seeigel gegessen. Sehr meerwassersalzig, aber nicht ungeil. Empfehlen kann ich den frittierten Seealgensalat mit Ponzusoße, der ist sehr weit vorne. Ganz okay sind die Sachen mit der Trüffelcreme, die aber jeden Fisch völlig ausblenden und damit als Sushi keinen Sinn mehr ergeben. Schwach am Ende ist das Doradensushi. Zu wenig Eigengeschmack des Fischs, müde Beigaben. Im Schnitt zwar fast alles gut, sehr gut teilweise, sicher, aber dann doch zu teuer für das, was sie bringen. Und irgendwie mag ich den überdrehten Stil hier im Kiez nicht. Für sowas halten wir uns doch Berlin-Mitte.

Und da war ich auch, in Berlin-Mitte. Das beste Essen seit … ich kann gar nicht mehr zurückdenken … vor dem Lockdown bekam ich im Restaurant Entrecôte in der völlig ausgestorbenen Gegend um den Checkpoint Charlie. Schön, wenn ein Koch in solcher Perfektion abliefert. Groß.

Ja gut, ein wenig zu schnell kam das alles immer, kaum aufgegessen, schon war der Teller weg und der nächste Gang stand da, was mir zu hektisch war, aber das schiebe ich mal auf die Euphorie, Corona überlebt und wieder die ganze Straße voller Gäste zu haben. Und aus irgendeinem Grund, aber dafür kann das sehr gute Lokal natürlich nichts, hatte ich wieder scheiß Publikum neben mir sitzen (irgendwelche fetten, goldbehangenen und in Telefone dummbrüllende Russen in Muscleshirts und Badelatschen), aber egal, alles egal. Endlich wieder essen gehen. Jetzt weiß ich, warum ich so unentspannt war die ganze Zeit. Mir hat das Restaurantsitzen gefehlt.

Heuer gekocht habe ich ein simples Zitronenhuhn. Begeisterung beim Hühnerkeulenkind, auch wenn es das Fleisch in Ketchup gebadet hat. Das Ding zuzubereiten ist easypeasy. Ein Affe könnte das kochen. Vier Zutaten. Huhn. Zwei Zitronen. Pfeffer. Salz. Fuck off. Passt.

Auch nachgekocht habe ich Sesam-Teriyaki-Pasta mit Gemüse, was ich mochte, aber das Kind nicht. Für den Affront habe ich eine satte kindliche Beschwerde kassiert, was ich mit des Arthurs Tochters (sauguter) Baked Ziti-Sauerei umgehend wieder korrigiert habe. Sopranos. Rezept. Arthurs Tochter. Passt. Ein schönes leichtes Sommergericht bei 30 Grad, haha, nein, sicher nicht, aber egal. Was ein echtes Kind ist, isst so Zeug bei jeder Temperatur.

Was? Mehr? War nicht.