Linkschleuderei vom 21. Mai 2023

Dass man jemanden durch Repression, Zensur und wohlorganiserten Spott zum Schweigen gebracht hat“, sagte der Vorübergehende leicht lächelnd zu seinem Zeitgenossen, „bedeutet noch lange nicht, dass man ihn auch überzeugt hat.

Lumières dans la nuit


Ich finde, dass Julian Assange ein moderner Held ist, den sie für seinen Mut und seine Konsequenz über Jahre nun langsam, genüsslich und unter den Augen der sich selbst in Sonntagsreden beim Verschleudern von Karlspreisen als offen und frei bezeichnenden westlichen Welt bei vollem Bewusstsein verrotten lassen. Und keinen juckt’s, weil die Aufreger andere geworden sind.

Was noch? Ich finde es diskriminierend, sich permanent über die fehlende Bildung irgendwelcher Grüner lustig zu machen. Das ist wie in eine Gehandicaptenwerkstatt voller Armloser zu gehen und sie aufzufordern, Klimmzüge zu machen. Können die nicht. Sieht man doch. Weiß auch jeder. Nicht okay. Echt mal.

(fairerhalber hier die ganze Sendung, ganz so schlimm wie zusammengeschnitten isses auch wieder nicht: Bundestag-Check: Was wissen unsere Politiker über Geschichte?)

Die Links. Read this:

n-tv: Habecks Vertrauter Graichen muss gehen

Wärmepumpe ist der neue Veggieday. Der erste groß angelegte Versuch der innenpolitischen Gesellschaftsumwälzung in Regierungsverantwortung und dann gleich Totalschaden. Respekt.

Ich habe aus den Statements der Pflichtverteidiger von taz, zeit.de, Örr und Twittermob eine Sache gelernt: Wenn einer der Ihren als filzig und korrupt auffliegt, ist er eigentlich Opfer einer rechtsradikal unterwanderten Verschwörung von Springer, Söder und Amthor, flankiert von einer üblen prorussischen Desinformationskampagne, und jeder, der das anders sieht, ist ein bösartiger Nazi Klimawandelleugner. Aber egal, Scheingefechte halt. Viel Spaß im goldenen Ruhestand. Bezahlen werde ich den ja weiterhin.

Bitte übrigens keine Wortspiele mit Graichen mehr. Sag‘ zum Abschied leise Bye bye mit Lorbeer und Graichenlaub. Es graicht jetzt langsam. Haha. Ha. H. Blep.

Einen noch. Hab‘ nen Typen namens Snicklink entdeckt, der geilo Sachen macht: Ich brech‘ zusammen wie hammerst ist das denn … 😁

Focus: Warum findet mein Freund Roger eine Russin gut, die Kinder entführt?

Klug. Wenn auch auf diesem schrecklichen, fast unlesbaren, bannerterroristischen Blinkeblinkeportal. Eine überladene Website from hell. Fühlt sich fast so an als sei GeoCities wieder auferstanden.

Der Bund: Kommentar zur Gender-Gehässigkeit: Das Gekreisch widert einen je länger, je mehr an

Genauso klug. Ein Unthema inzwischen. Wegen der krakeelenden Apologeten. Wenn das G-Wort inzwischen irgendwo auftaucht, rege ich mich nicht mehr auf, sondern schalte ab. (via Genderama)

Ruhrbarone: Der grüne Adel und seine Verachtung des Pöbels

Nervige Clickbaitüberschrift, aber im Inhalt kein Stück weniger klug und die bornierten Cringelords meiner Nachbarschaft punktgenau skizziert, denen es für all ihre wenig ausgegorenen Visionen nie an Geld fehlt. Deswegen verhalten die sich so und machen den Neocons mit dem offenen Scheuentor ihrer dümmlichen Vorlagen jede fiese Attacke kinderleicht. Obercringelord Habeck mit den Heizungen war der Wendepunkt. Ich nehme nun ein leichtes Kippen wahr. Nicht klimatös, sondern gesellschaftlich. Arbeitsplatz. Privates Umfeld. Der Osten färbt sich blau ein und ich weiß gar nicht, was sie dagegen tun wollen.

Es wird für politisch Heimatlose wie mich schwieriger und schwieriger, sich der permanent in den Diskursraum greifenden Eskalationsspirale zu entziehen. Ich habe nicht mal als Pubertierender mit 15, 16 Jahren den Staat samt großer Teile seiner Anhängerschaft als so feindlich, konfrontativ, missgünstig und rhetorisch brutal empfunden wie im Moment. Gesundheitspolitisch, verkehrspolitisch, energiepolitisch, kriegswirtschaftlich, geschlechterspezifisch sowieso, und schließlich ernährungsmäßig. Ich will eigentlich nur, dass dieser Staat und seine Fanboys zu mir auf Abstand bleiben, aber stattdessen kommen sie immer dichter bis hinein ins Allerprivateste heran. Der autoritäre Auftritt hat wieder ganz offen Konjunktur und ich registriere die Wiederkehr meiner offenen Abscheu dagegen in einem Ausmaß, das ich längst überwunden glaubte. Fast als wäre noch 1998, der Innensenator ein Schönbohm und ich die ersten Nächte auf Tour.

So richtig gesund wirken mir jene, die das forcieren, dabei nicht. Habeck sieht arg schlecht aus, körperlich, gemütsmäßig auch. Ein gut ausgeleuchteter Verfall. Können Sie sich noch an die famosen Pferdebilder erinnern? Welten, sag‘ ich Ihnen, Welten. Komische Zeit. Der Habeck aufgedunsen und fahrig. Der vor einem Jahr noch allmächtige Impfclown abgetaucht. Und ich mehr denn je zwischen allen Stühlen.

Spiegel: Corona beim Giro d’Italia: Die Maske kehrt zurück

Lol. Ein untotes Déja vu. Da isser wieder, der Maskentanz. Und ich kann die Redakteure in den staubigen Stuben fast schon wieder feixen hören. Endlich wieder Maske.

tagesschau: Jeder vierte Viertklässler kann nicht richtig lesen

Egal, Hauptsache die können richtig gendern.

National Geographic: Frauen zum Mars! Warum Astronautinnen die besseren Raumfahrenden sind

Astronautin: „Houston, wir haben ein Problem.“

Houston: „Roger, Marsflug. Welches Problem?“

„Sag‘ du’s mir, Houston.“

„Was?“

„Was was? Sag‘ du’s mir!“

„Was ist das Problem?“

„Ach egal.“

„Marsflug, was ist das Problem?“

(Schweigen)

„Marsflug, bitte beschreiben Sie das Problem.“

„Ich leg‘ jetzt auf. Kannst ja mal drüber nachdenken.“

mdr: Queerfeindlichkeit: „Stimmung in Magdeburg wird aggressiver“

Nicht nur in Magdeburg. Sondern auch in Berlin können Sie das jetzt täglich haben und das auch in Kiezen, in denen das mal undenkbar war.

Die Entwicklung hat sicher mehrere Ursachen. Eine davon ist, dass sie die schöne Regenbogenfahne mit ihren Freakshows, die sie in unzumutbarem Dauerfeuer über ihre zahlreichen Kanäle in eine früher mal halbwegs tolerante Gesellschaft pumpen, der Lächerlichkeit preisgegeben, damit alle jemals ausgefochtenen Kämpfe für Akzeptanz wertlos gemacht und dem Backlash, der gerade erst anrollt, den roten Teppich ausgerollt haben. Ohne das zu wollen, sondern einfach nur weil sie wie immer überdrehen. Ganze Straßenzüge voll damit. Vor jedem Supermarkt. Jeder Bundesbehörde. Jedem Bezirksamt. Sogar vor den Bullenwachen.

Und das ist das Schlimmste daran. Diese scheißguten Absichten gepaart mit der abgrundtief beschissenen Umsetzung. Was glauben die denn, was das Gepumpe bringt? Eine freudig durch die Gassen tanzende queere Mehrheitsgesellschaft, die sich begeistert ihre herkömmlichen Symboliken ersetzen lässt?

Nein, natürlich nicht, es ist nur wieder platteste Tugendsignalroutine. Gratismutig, überflüssig und im Ergebnis sogar kontraproduktiv, weil es sogar diejenigen übersättigt, deren Empowerment damit beabsichtigt ist und deren Fahne sie für ihr scheiß Agendasetting gehijackt haben. Fuck off. Bleibt weg. Ihr habt meine Räume ausgeleuchtet, dann ausgeschlachtet, das Inventar in die Arena geworfen und macht das alles dort mit euren eitlen Instagroßfressen lächerlich, was am Ende auf mich zurückfällt, der einfach nur seine Ruhe haben will.

Es ist eine tiefenempathische Binse, die keiner der Entscheider mehr drauf hat: Wer die Leute mit einer Sache permanent gänsestopft, sorgt dafür, dass denen die Dinge irgendwann nach all den Jahren zum Hals raushängen. Die wenden sich erst von den Sonntagsreden ab, dann sind sie offensiv angekotzt, wenn man sie damit bis zu ihrem Fußball ins Wohnzimmer oder in die Tagesstätte ihrer Kinder verfolgt, und am Ende kommt der Hackemob und wählt blau.

Kein Plan, warum euch das wundert. Mich wundert’s nicht.

Utopia: „Kackfluencerin“ klärt über Darmkrankheit auf: „Ich trage den Namen mit Stolz“

Endzeit. Kill me.

Polizei Berlin: Streitigkeiten zwischen Fahrzeugführern – zwei Einlieferungen ins Krankenhaus

Eskalation Berliner Art. So klären wir hier Unstimmigkeiten. Was denn, was denn, komm doch, komm doch.

Berliner Kurier: Sie glaubt, so werden Parks sauberer: Grüne Bürgermeisterin will in Berlin Mülleimer abschrauben

Und alle Boulevardhonkis echauffieren sich wieder über den abstrusen Vorschlag und übersehen dabei, dass das Kreuzberg ist und aus Kreuzberg solche Hirnnudeln kommen müssen. Freakland. Die glauben sowas dort wirklich.

Kreuzberg hat die gleiche Entwicklung genommen wie mein Ortsteil Prenzlauer Berg und sowieso die ganze Stadt. Früher mal cool, jetzt Lachnummer des ganzen Landes. Und trotzdem gibt es welche, die immer noch ernst nehmen, was von da kommt. Bäääääääääm da ist das Ding.

Das Ding.

Nochmal: Endzeit. Kill me.

Laut: Dürfen Punks erwachsen werden?

Sie müssen es leider. Mit 40 noch mit Ketten, zerfetztem Shirt und Iro rumzulaufen, ist cringelordig. Genauso wie in einem Juze irgendwo in der Provinz abzuhängen und als Einziger einen Schein in die Solispendenkasse zu stecken. Ich weiß es doch auch nicht.

Radikale Heiterkeit: Vastehta nich

Mashi, wenigstens einen der Hängengebliebenen getriggert. Besser als keinen.

Dude, ich weiß ja, dass das schmerzt, aber tanz doch dein Buch einfach mit Bastrock, Regenschirm und Flamingohut bei Tiktok. Alles andere sind nur Buchstaben.

Event Event. Ich schaue nun schon seit vielen Jahren dem Verfall von Ben Becker zu, wobei ich es habe schleifen lassen, das letzte Mal war 2016, als ich ihn im Berliner Dom gesehen habe und davor ein wenig derangiert durchs stinkende Berlin-Mitte geirrt bin. Verkeimte sieben Jahre ist das fast schon her. Zeit rast. Tempus fuckyou.

Becker las heuer die Legende vom heiligen Trinker und ich kann mir niemanden vorstellen, der das besser kann als er. Mit seinem Timbre, seiner inzwischen stark verlodderten Physis, sitzt der da oben, raucht und gibt den Trinker so authentisch, dass ich am Ende Putenpelle bis zum Arsch hatte. Ein großer Mime. Becker muss öfter wieder, definitiv.

Ein solch schlimmes Publikum wie dort im westberliner Renaissancetheater hatte ich jedoch lange nicht. Bereits nach fünf Minuten klingelt das erste Telefon und es hört so lange nicht auf, so dass ich schon denke, dass es zum Stück gehört, doch mitnichten. Becker unterbricht daraufhin die Lesung, wartet, schaut, wartet, schaut, klingel klingel, dann endlich aus, und will die Lesung gerade fortsetzen, da klingelt das nächste Telefon, wonach er wieder absetzt, wartet, schaut, wartet, schaut – und dann die Lesung von ganz vorne beginnt.

Das mit dem Klingeln sollte sich noch zwei Mal wiederholen, wobei Becker dann aber versucht, mit der Lautstärke seiner Stimme das Gebimmel zu übertönen, das irgendwann tatsächlich endet. Das Klingeln der Arschgeigen macht natürlich die ganze Performance kaputt und ich weiß nicht, was so schwer daran ist, diese Dinger für die 51 Euro, die der Abend gekostet hat, wenigstens einmal abzuschalten, damit sie nicht klingeln. Abschalten. Ausmachen. Was stimmt mit diesen Asis nicht, die das nicht bringen?

Die hinter mir sitzenden Subventionsschabracken vom Deutschen Theater (was ich weiß, weil sie sagten, dass sie Subventionsschabracken vom Deutschen Theater sind), die dem Becker sowohl das musikalische Intro als auch das musikalische Outro maschinengewehrsalvig zugesabbelt haben, haben mir den Rest gegeben. Ich hasse Menschen. Ehrlich. Wirklich. Alle. Wäre ich Becker gewesen, hätte ich erst von der Bühne gepisst und wär‘ dann gegangen.

Aber ich bin ja nicht Becker. Nur der Chronist. Der den schaut. Und sonst nix mehr hat. Bin auch raus. Amina Koyim.