Versteh ick nich (11)

Endlich raus aus der Fabrik kackte ich mir ein Gesicht
Um zu sehen wie es ist wenn man mit seiner Scheiße spricht

Prinz Porno


Hölle platze schnell. Mein Lieblingsselfcarecoach verkloppt jetzt auch ein scheiß Buch. Was für ein Abfuck.

Er reiht sich damit ein in alle möglichen Vlogger und Blogger, die aus ihren Blogs und Vlogs Bücher extrahieren. Als würde es nicht reichen, einfach zu schreiben, zu coachen, zu philosophieren, zu videoclippen und die Leute in Ruhe zu lassen, muss aus dem Gekritzel, Gestammel, Gecoache unbedingt ein finanzieller Mehrwert generiert werden, was dann gerne als Selbstverwirklichung („huhuu, mein eigenes Buch, ich bin jetzt Schriftsteller*klick*in, spoil me“) verbrämt statt als das benannt wird, was es ist: Eitelkeit, gepaart mit dem Wunsch, die Ernte einzufahren und das zu versilbern, was vorher gratis war.

Mit ganz viel gutem Willen und extra Vanillesoße obendrauf nachvollziehen kann ich dabei maximal ein Kochbuch, das aber auch nur, weil es noch alte Leute gibt, die nicht wissen, was eine Rezepteapp ist und die lieber mit vor Haptik kribbelnden Arthritisfingern ein auf tote Bäume gekleckstes Gericht nachkochen statt wie ich soßenverschmiert auf einem Tablet rumzuwischen, bei dem nach 15 Minuten der verhurte Zwangsenergiesparmodus das Licht genau in dem Moment ausschaltet, wenn ich gerade drei Herdplatten mit anbrennenden Dingen am Start habe und nicht weiß, was als nächstes passieren muss.

Uff.

Kein Stück geiler auch welche, die ihre Leser mit superpersönlichen Schicksalsbeichten anfüttern und bei ausreichend hoher Klickrate aus den bei Social Media gedroppten Links dann die Posts, aus denen das Buch besteht, aus dem Blog löschen, um den Ausverkauf des Werks mit dem Titel „Das ist mein fürchterliches Schicksal, kaufen Sie jetzt, außerdem hier mein Steadybanner, gebt mir Geld, Geld, Geeeld“ anzukurbeln. Und dann stellen die sich hin und faseln was von Aufarbeitung, Zeichen setzen, für 18 Euro das Hardcover und 13,99 das eBook, für alles, was man auch in einem Blog machen könnte, nur halt ohne den Kommerz.

Böh.

Endgültig absurd wird das Gebahren bei plakativ antikapitalistischen Bloggern, die aus dem eigenen Ejakulat ein Best of Fick das Kapital zusammenkopieren, einen superklugen antikapitalistischen Titel drüberklatschen, das Ding dann allen Ernstes bei Amazon verkloppen und in ihrer ganzen Eitelkeit nicht merken, dass sie wirken wie Foodblogger, die sich den Content – leeeecker – von Maggi, Knorr oder von mir aus Oatly fucking Hafermilch kaufen lassen.

Da ist es dann auch nicht mehr weit bis zu den kunterbunten Klickiklickiportalen, die monatliche Compilations voller von Twitter bis Telegram geklauten Viralclips zusammenkleben und daraus ernsthaft Spendengelder generieren („hihi, Kaffeekasse, gib mir was in die Kaffeekasse, klick klick Patreon“).

Über allem raunt der drängende Wunsch, dass endlich jemand für die investierte Zeit bezahlen möge. „Hey ihr schnorrenden Gratisleserys, Schluss jetzt mit umsonst abschnorcheln, ich will langsam mal mein ganzes Getipper vergolden, nachdem die Steadyeinnahmen meiner Bloggerbetteleien nicht so zünden wie ich mir das denke. Kauft, kauft, kauft, und immer dran denken: Anti anti anticapitalista!“

Ich verstehe gerade auf solch einem toten Markt wie dem des Meinungsgewerbes diese brennende Lust auf das Geld der Leser nicht. Ich meine hey, Geld für Meinung. Haltung. Und nur für Meinung. Und Haltung. Die jede sackgesichtige Skatrunde genug selber hat. Wären es aufwändige Recherchen, Enthüllungen. Exklusives, das ich nirgendwo anders finde, einfach was Neues, oder Spenden für politische Gefangene wie Julian Assange, da gebe ich gerne mal, oft sogar, aber das ist es ja nicht. Sie wollen Geld für etwas, das ich mir – okay nicht ganz so eloquent vielleicht, aber was soll’s – auch von meinen Hackekumpels beim schottischen Malttasting abholen kann. Meinung und Haltung. Ganz viel davon. Und jeder ne andere.

So ist das Ergebnis in Form der bei Amazon verscheuerten Bücher am Ende nur so traurig anzuschauen wie superantikapitalistische Punkbands, an deren Merchstand ich zusätzlich zur Konzertkarte für den Fuffi einen minderwertigen Hoodie mit dem räudigen Bandschriftzug für – saaaaale – 49,99 kaufen kann. Oder das Shirt für 29,99. Oder das Album bei Bandcamp ein Drittel teurer als bei Amazon. In der Hand meinen Whisky Cola für 11 Euro. Sale Sale Saaaaaale. Gimme more money plz. Penetrant. Und nervig. Immer schon.

Haben Sie auch weiterhin keine Sorge. Ich mache aus diesem nutzlosen Nuttenblog hier kein Buch, will unter keinen Umständen an Ihr Geld, sondern zahle sogar jährlich 36 Euro an einen greedy Bloghoster, damit Sie den Schrott hier komplett werbefrei lesen können, weil mir von Werbung körperlich übel wird. Wollen Sie also, liebe 98 Follower auf diesem Ding, mir unbedingt eine Freude machen, weil Sie sowas nun mal gerne tun, dann nerven Sie mich einfach nicht, sondern werfen ersatzweise einem Obdachlosen Ihrer Wahl ein kleines Scheinchen in den Becher, damit der sich eine Goldkrone kaufen und sich damit den Tag bunt machen kann. Wenn Ihnen das nicht liegt, geben Sie wegen mir auch gerne Ihr Geld an eine der Kampagnen für Julian Assange. Das würde mich freuen. Mehr muss nicht. Echt nich‘.

I will not.

Versteh ick nich (10)