
Die Stärke eines Menschen bemisst sich nicht an seinem Vermögen, für andere zu funktionieren. Sie bemisst sich am Vermögen und der Bereitschaft, sich seine schwächsten und dunkelsten Seiten schonungslos anzuschauen, sie liebevoll in sich zu beheimaten und damit Frieden mit ihnen zu schließen.
By the way, noch ne Frage: Wieso haben eigentlich so viele der früher hochnotkritischen Geister auf alles nur noch die Antwort „Shut up and obey“ und klingen dabei, als würden sie direkt aus dem Darm des Podiums der Bundespressekonferenz tröten? Versteh’n Sie das? Icke nich‘, null…
Die Links. Read this:
Rubikon: Die Cancel Culture
Ach was schreib‘ ich denn immer, lassen wir doch den Binner mal selbst reden. Jetzt muss ich schon dorthin gehen, um den sich erklären zu sehen. Woanders geht’s ja kaum noch.
Und ich verrat‘ mal was: Das wird nicht klappen. Das mit dem Löschen. Dem Deplatforming. Denn ich will den sehen. Und ganz allgemein: Wer gelöscht wird, den finde ich fast schon automatisch gut und möchte ihn unterstützen, damit er sagen darf, was er sagen möchte. Und je mehr sie es löschen, desto mehr will ich das sehen. Aus schierem Bock. Und aus Prinzip. Nicht weil ich das besonders wertvoll finde. Oder was verändern will. Oder überhaupt noch irgendeinen Anspruch auf irgendwas anmelde. Sondern einfach weil fickt euch. Ich gehe überall hin, um das zu sehen, von dem sie nicht wollen, dass ich es sehe. Und solche wie mich gibt es viele, deshalb nochmal: Es wird nicht klappen. Selbst in irgendwelchen Autokratien (die wir gar nicht mal haben) klappt das Weglöschen nicht dauerhaft, weil die Dinge immer irgendwie ihren Weg finden. Und einer offenen Gesellschaft steht das, was sie da tun (blocken, löschen, melden, bla), sowieso schlecht zu Gesicht. Aber das verstehen sie nicht. Nie verstehen sie das …
Dem Chris ist im Übrigen wie so oft mal wieder weitgehend zuzustimmen: Ich kenne Binner nicht, ich hab in zwei youtube-Geschichten von ihm mal kurz reingehört, fand das eher so lala, aber die ganze Cancelei geht mir auf den Keks. Es hat nie einen rechten Comedian gegeben, der ein Massenpublikum begeistert hätte. Rechts ist traurig, rechts ist nicht komisch. Wenn Binner rechts ist, wird er kein Publikum bekommen, dann hat sich die Sache von selbst erledigt. Das Publikum entscheidet, nicht Schreihälse in Zeitungskolumnen oder auf Twitter.
These: Ich fände Binner wohl nur halb so gut, würden sie ihn nicht canceln.

Hier auch mal eine Cancelchronik für September. Respektabel. Schön was in den Orkus gesiebt. Ehrlich, das war vor zehn Jahren noch nicht so krass oder verkläre ich mal wieder die Nullerjahre? Was meinen Sie? Schreiben Sie’s in die Kommenta… haha, nein.
Ich bin übrigens sehr von der Tatsache angetan, dass Blogs vollkommen tot sind, denn das grassierende Lösch-, Block- und Meldewesen geht an dieser Niemandslandlurchgesichtsfünfnische hier vollkommen vorbei. Ich habe zumindest noch nicht mitbekommen, dass mal ein Blog wegen Unbotmäßigkeit gelöscht wurde. Viel zu irrelevant. Das macht die Sache angenehm.
Und hier noch ein Einschub, weil’s gerade so gut passt. Kennen Sie das da noch?

Ganz altes Ding, ganz alte Kampagne aus den Anfängen des Webs. Könnte man wieder auflegen. Finde, es wäre Zeit.
(hier mehr dazu und hier in deutscher Sprache, falls das Thema 2021 überhaupt noch wen interessiert…)

Digital Diary: Demos in Berlin: loslassen, laufen lassen! #b2808
Guter Text. Und es ist so krass (und für mich ganz persönlich enttäuschend), wie dünnhäutig Links an der Macht auf vergleichsweise harmlose Kritik reagiert. Dünnhäutiger gar als Rechts damals an der Macht, als sie mich als Jugendlichen behelmt und beschildet durch den Mauerpark gejagt haben. Nur weil wir ein paar Steine auf eine Bullenwanne geworfen haben, meine Güte. Muss man doch nicht gleich…
Um eines mal ganz deutlich zu machen: Ich möchte nicht, dass Opposition in diesem Land verleumdet, verboten, verfolgt und vermöbelt wird. Egal was ihr Begehr ist. Egal ob ich die gut finde oder nicht. Und ich missbillige aus tiefster Überzeugung jeden, der Kloppercops beklatscht und Wasserwerfer fordert, nur weil es jetzt die anderen sind, die es trifft. Ich würde auch das Recht von Esoterikern, Homöopathen, Impfgegnern, Kleingartenschlümpfen, bibeltreuen Christen und wegen mir sogar Veganern (meine Güte…) verteidigen, ihr Anliegen auf die Straße zu tragen. Muss man aushalten. Dass Leute sagen was sie sagen wollen. Ist das echt so schwer? Bin ich der letzte lebende Dodo, der das selbstverständlich findet?

Männer unter sich: Enkeltrickser
Au. Sehr eklig, wirklich eklig.
Und Hölle hilf, jetzt fordert sogar Herbert Grönemeyer dazu auf, grün zu wählen. Wer kommt als nächstes? Peter Maffay? Bata Illic? G.G. Anderson?
Post von Horn: Parteien: Kein Respekt mehr vor den Wählern
Ach?
sehkrank im matrosenpulli: pest und cholera
Ach.
Berliner Zeitung: Umfrage: 40 Prozent der Deutschen trauen Umfragen nicht
Umfrage: 100 Prozent von mir glauben Umfragen nicht, die behaupten, dass 40 Prozent der Deutschen Umfragen nicht trauen.
Space Frogs: Wenn Parteiwerbung ehrlich wäre
lol.

t-online: Mehr Kinder wegen Essstörungen in Behandlung
Achwas. Bitte gehen Sie weiter. Auch das hat gar nichts mit gar nichts zu tun. Weiß nicht wie das jetzt hier rein kommt. Nix zu sehen. Bitte. Weiter.
Der 5-Minuten-Blog: Empathie – Die 5 besten Sätze, um Mitgefühl vorzutäuschen
Yo. Gut. Das sind die Klassiker, wenn Sie etwas verkaufen wollen. Businesscrap. So tun, als würden Sie die Leute tatsächlich interessieren (tun sie nicht), Zuneigung heucheln (die es nicht gibt) und die auswendig gelernten Namen runterrattern (harte Arbeit, aber lohnt sich, gemerkte Namen sind der halbe Abschluss).
Zugabe:
Der 5-Minuten-Blog: Ich melde mich bei dir. Ganz sicher!
Melden Sie sich bitte nicht. Wir melden uns (nein, tun wir nicht, weil Sie uns egal sind).

dr. benways laboratorium: Paul Marchand – Die Dämonen des Krieges
„Seiner Meinung nach hole der Tod nur die Ängstlichen, die versuchen, sich zu verkriechen. Von den Frechen und Dreisten jedoch, die ihn schadenfroh herausfordern, fühlt er sich gekränkt und lässt sie ziehen.“
So leben. Und nur so.
t3n: Milliardärstraum vom ewigen Leben: Jeff Bezos investiert in Altos Labs
Tsss. Das ist so niedlich, wie der mit seinem ganzen Geld versucht, dem großen Gleichmacher mit der Sense von der Schippe zu springen. Weltraumflug. Iguanafressen. Und die große Schnauze im Blitzlicht. Nun also das hier. Ewigeslebenforschung. Doch am Ende auch nur Staub. Wie alle. Ich finde das gut.
Zebulons Zauberkarussell: Prävention und Präservativ
Vallah. Meine Nerven…

Es folgt die Abteilung Absurdes:
Alles Evolution: Der Gender Gap kurz erklärt
Pferdewissenschaft muss endlich besser bezahlt werden.
Denkfabrikblog: Foto: Der Wasserhahn am Ende der Zeit
Börks.
Hirnfick 2.0: Kurzkritik: Heimat
Kuckuck.
(Bereicherung ist wichtig, aber Berechenbarkeit sehr schlecht.)
Hier, check mal den:

„Ihr beide hört Die Ärzte.“ Das ist peinlich in einem nicht hinzunehmenden Ausmaß. Wie kommen die scheiß Ärzte in meine Musiksammlung…?
Egal. Diese Woche kein Muckecontent, sondern Streamingcrap:
Netflixscheißdreck des Monats ist Stephen Kings Unsinn Doctor Sleep. Fortsetzungen von Filmklassikern sind meistens schlimm. Eigentlich immer. Dieser hier möchte Shining mit Jack Nicholson fortsetzen und scheitert erbärmlich. Ich mag Ewan McGregor, der für mich immer Renton aus Trainspotting bleiben wird, aber das heißt ja nicht, dass Ewan McGregor nicht auch mal einen Scheißfilm machen darf. So wie den hier. Aalglatte Kulissen, miese Nebendarsteller, hanebüchener Plot, langweilig wie ein Treppenhausgespräch der Vogelscheuchen aus meiner Nachbarschaft, schlechte Animationen, ein Elend. Ich weiß gar nicht, warum ich Filme von Stephen King überhaupt noch schaue, die inzwischen alle eines gemeinsam haben: Sie sind nicht gut.
Bei Netflix zu sehen ist gerade Creed 2, ein Spin Off zur Rocky Balboa-Geschichte. Ja, ich fahr‘ auf so eine Scheiße ab. Auch wenn es immer wieder, und auch hier, die immergleiche Storyline ist: Held kriegt aufs Maul, liegt am Boden und kämpft sich wieder hoch. Viele Nostalgiepunkte, die Musik, der jetzt echt wirklich alte Rocky Balboa am Ring und der nicht weniger alte Ivan Drago gegenüber. Und sie haben diese Mumie von Brigitte Nielsen aus der Pyramide gegraben. Trotzdem: Ich hatte wie immer beim Schlussfight Gänsehaut von der Nackenfalte bis runter zum Knöchel. Sag‘ ich ja, ich fahr‘ auf so eine Scheiße ab. Kannichauchnixfür.

Foodcontent zuletzt: Gekocht habe ich ein schnelles Rosenkohl-Süßkartoffel-Curry. Dem Kind hab‘ ich’s mal nicht angeboten, denn es hätte vermutlich das Jugendamt eingeschaltet und das mag ich echt nicht mehr im Haus haben. Schön scharf war das, was vermutlich daran lag, dass ich die doppelte Menge Currypaste und drei statt einer Chilischote genommen habe. Sehr geil. Nur nächstes Mal schmeiß‘ ich noch Hühnchen mit rein. Vegetarisch nervt nämlich.
Zur Abwechslung mal ein ganz altes Restaurantding, eine ganz alte Empfehlung: Der Schusterjunge auf der Danziger Straße meines lustigen Bezirks. Konstant gute Küche und zwar deutsche Küche. Gute deutsche Küche ist mir zu selten geworden. Aber der Schusterjunge hat Corona überlebt. Eine gute Nachricht.
Zu bemerken bleibt noch, dass mir zum ersten Mal ein gehobenes Restaurant aus dem Raumschiff namens Berlin-Mitte eine Reservierung storniert hat, weil sie wegen Personalmangels gar nicht öffnen konnten an dem Tag. Ja. Vom grassierenden Personalmangel in der Berliner Gastro habe ich schon gehört. War aber bisher nicht betroffen.
Woran das liegt, kann ich gar nicht so gut eingrenzen. Nur mutmaßen. Die miese Bezahlung sicher. Aber halt auch Corona wohl. Es fehlen die Gastarbeiter, von denen viele seit Corona wieder zuhause sind. Und dann gibt es den (nicht vergessen: Von der SPD federführend verursachten) Wohnungsmangel. Der ist es vermutlich auch. Die ganzen Spanier und Portugiesen in der Gastro müssten inzwischen wohl in Hönow, Werneuchen oder gleich in Frankfurt an der Oder wohnen und jeden Tag nach Berlin-Mitte reingurken, um die hässliche betuchte Berlin-Mitte-Kundschaft bedienen zu können. Das passt so dann halt nicht mehr. Und funktioniert auch so nicht. Zu wenige lower class Bediener für zu viele upper class Restaurants. Happy dining dying, Berlin-Mitte.