Hässliche Füße in hässlichen Birkenstockpantoffeln

img_20181224_2057124023074681676520749.jpg

Ich bin sehr froh, dass im Moment Winter ist. Das verschont mich vor diesen tausenden hässlichen Füßen in noch hässlicheren Birkenstockpantoffeln, die überall in Berlin-Prenzlauer Berg durch die Pastellhölle flanieren. Wann ist die Scheiße wieder modern geworden? Wie kann das sein? Wenn früher jemand Birkenstock getragen hat, dann war der damit automatisch ein Aussätziger. Ein Backpfeifengesicht. Eine Null. Jemand, der mit seiner verwachsenen Hackfresse voran in die Pisse vom Schulklo gedrückt und dessen Filzkopf mit der Spülung abgeduscht wurde. Ein Penner. Bärtiger. Stinkender Müsliwurzelsellerieweizenkeimfresser. Außerhalb jedes akzeptierten Rahmens.

Berlin-Prenzlauer Berg. Die Scheiße ist hier Mainstream. Der Sommer 2018 war eine Zumutung. Ganz Prenzlauer Berg trug „Birkis“. Ja, Birkis, sie nennen diese Dinger ganz liebevoll Birkis als wären das irgendwelche Hamster oder, keine Ahnung, Frettchen. Oder Lemuren. Birkis. Grün, gelb, rot, braun, sogar gold. Ja. Die hippe Berlinmittemom-Hausfrau mit eigenem Blog, auf dem sie ihre ausladende und von wem auch immer finanzierte Tagesfreizeit in ihrer kleinen dummen Welt zwischen Cupcakerezepten, Kochbuchempfehlungen und Calendulacreme ins Internet kackt, trägt die Birkis in gold. Ohne Socken. Damit jeder ihren tollen riesigen blau lackierten Hammerzeh sehen kann. Und den Fersensporn. Den eingewachsenen Nagel. Und den Pilz. Hässliche nackte Füße, von denen ich kotzen muss, wenn sie mir in der U-Bahn gegenüber sitzen. Was soll das denn? Wer will so etwas sehen? Wer mutet wem das warum zu? Nochmal: Wann ist der Scheiß modern geworden? Wann wurde aus meiner coolen Gegend eine, in der man jetzt Birkenstocksandalen beim Einkaufen trägt? Wo kommen diese Leute her? Und was wollen sie hier?

Eingeräumt. Die Vernünftigen von denen tragen Socken. Das sieht zwar auch scheiße aus, verdeckt aber wenigstens die Schwielen, die Hornhaut und bei Männern die Haarbüschel, die pechschwarz auf jedem Gelenk wachsen. Immerhin eine Verbesserung. Von Komplettscheiße bis Auch-zum-Kotzen-aber-wenigstens-nicht-Komplettscheiße. Ich finde aber, dass es das nur unzureichend besser macht. Mein Bezirk ist gekippt. Hier regieren jetzt die Hausmütterchen. Demnächst hier: Kirchenchor. Landfrauenverein. Und ein Häkelkurs.

Eines ist ganz klar. Ich muss nach Reutlingen ziehen. Templin. Bad Bevensen. Hürth. Im Vergleich zu Berlin-Prenzlauer Berg sind die da cool und tragen nicht diese eigentlich schon in der Versenkung verklappten 80er-Jahre-Post-Hippie-Schwachkopfklamotten in aller Öffentlichkeit auf. Schämen würden sie sich da vermutlich, ja, würden sie, dort schon, nur nicht in Prenzlauer Berg. Meine bräsigen Biobratzen, die sich ausgerechnet hier in meiner Nachbarschaft konzentrieren, schämen sich für gar nichts. Nicht mal für ihren Akzent.

Obwohl sie sollten. Sich schämen, meine ich. Für Akzent und Klamotten.

Vorhaben: Ich muss mir wieder Boots and Braces kaufen. Wie früher. Die schweren Dinger. Mit Stahlkappen. Dicker Sohle. Hoch bis unters Knie. Damit trete ich diesen immer viel zu selig lächelnden Glückliche-Eltern-Ich-kauf-nur-Fair-Trade-Birkenstockspastis in der U-Bahn auf die krummen Zehen, damit sie lernen, dass ihr Schuhwerk scheiße ist und jedes Tragen dieses Scheißdrecks außerhalb ihrer pastellfarbenen Altbauhölle mit ihren verfickten Jugenstilelementen zwangläufig Schmerz zur Folge haben muss. Weil sie es verdient haben. Weil sie auch im Sommer 2019 mit ihrer optischen Peinlichkeit die Welt zum Würgen bringen werden. Weil mir der Gedanke gefällt. Die Geste. Sehr. Das Zeichen setzen. Das Zeigen, dass noch nicht alle so sind. Dass hier noch nicht alles Anton Hofreiter-Lookalike-Contest ist. Sondern immer noch Berlin. Und eben nicht Gießen. Ludwigsburg. Uelzen. Hofheim am Taunus. Bad Homburg vor der Höhe.