
Was passiert eigentlich in diesen ominösen Mütter-Kind-Cafés? Was machen die da? Vor meinem geistigen Auge geifern Prenzlmütter in Latzhosen und Birkenstocks über den Rand ihres Sojamilchkaffees mit Zimt-Flavour ihre kleinen Malte-Neppomuks, Torben-Eusebiusse und Lulu-Noelias an, weil die mit ihren zwölf Monaten immer noch nicht fließend Mandarin sprechen, aus Bio-Lehm eine Statue von Barbara Rütting modellieren oder fehlerfrei ihren fürchterlichen Namen ausdruckstanzen können.

Ach nee. Reicht. Ich kann die Klischees auch nicht mehr hören, scheuche den Zwerg von der Playstation weg und wir gehen da hin. Da rein. Kind. Und Mann mit Lederjacke. Aus toten Tieren. Toten Lämmern um genau zu sein. Aus Neuseeland eingeflogen. Mit einer CO2-Bilanz wie ein Flugzeugträger. Wie werden sie reagieren? Werden sie mit Amarettinis nach uns werfen und mit unbehandeltem Holzspielzeug niederknüppeln? Erstmal ruhig angehen lassen. Ich versuche es mal mit einem Müttercafé in Pankow. Wenn ich das hier heil überlebe ohne mich für immer einliefern lassen zu wollen, klappt es irgendwann vielleicht ja sogar bei mir umme Ecke, beim unsagbaren Grauen, der Hysteriezentrale, dem matriarchalen Epizentrum, dem Kollwitzplatz. Huhu.
Doch dann …
… passiert …
… nichts.
Kein Klischee. Keine Terrormütter. Kein Neppomuk.

Und auch kein Eusebius.
Eine Sache jedoch wird auch ohne die erwarteten aber nicht gelieferten helikopteresken Tofutaliban recht schnell deutlich: Als einzelner Mann mit Kind im Müttercafé sind Sie ein Exot und ernten diese lustigen aufmunternden Blicke von allen Seiten: Huhu Papa, wir haben dich im Auge. Du schaffst das schon. Es ist gar nicht so schwer. Frag uns und wir helfen dir. Du kannst das gar nicht alles können (was wir können). Es ist wieder dieses Gefühl. Der Zurückgebliebene und viele Gutmeinende, die ihn beäugen. Den gefürchteten Satz aus Prenzlauer Berg – „Das ist ja toll, dass Sie sich auch um das Kind kümmern.“ – höre ich hier heute jedoch nicht. Das lässt hoffen. Vielleicht hat er sich so langsam abgenutzt.

Zwischendrin sitzen sogar ein paar Rentner, die ausnahmsweise nicht an meinen Nerven sägen. Es herrscht so ein seltsamer Friede. Fast so etwas wie Gleichgewicht. Harmonie. Ist es Pankow? Liegt es daran, dass ich endlich mal mein Irrenhaus von durchgeknalltem Neureichenghetto verlassen habe? Oder einfach nur am Wetter? Ich warte auf etwas, doch nichts passiert. Heute ist das Treiben entspannt, den Menschen, die mir heute begegnen, machen die Dinge sichtlich Spaß. So wie mir. Mir macht das auch Spaß, niemand nervt mich, das Essen ist gut, der Kaffee sowieso. Mai. Sonne. Doch. Schon. Es geht mir gut.

Eine der Mütter fotografiert ihr Stück Zupfkuchen. Haha, sie fotografieren ihr Essen. Sehr witzig. Instragrammen wohl. Facebooken. Oder Bloggen. Posten Fotos von Kuchen und stellen das in den Blog. Wie debil kann man sein. Ey, Mütter, wirklich, Mütter, so sind se. Alle. Kuchenfotos. Für Blogs. Total hohl.

Blep. Blep. Und ich habe mir den Namen Barbara Rütting gemerkt und weiß noch nicht mal woher. Es ist soweit. Sie konditionieren mich. Bald bin ich einer von ihnen. Ein Tofutaliban. Mit Rotorblättern.
Café schönhausen
Florastraße 17
Pankow