Das Monster in der Kita

Unsere Kita hat jetzt einen Erzieher.

Also einen Mann.

Und seitdem können Sie in den Gesichtern einiger Eltern einen fröhlichen Reigen quälender innerer Konflikte studieren:

Huh, nanu, ein Mann, also, oh, verstehen Sie mich nicht falsch, ich bin superaufgeklärt. Praktisch vorurteilsfrei. Ich glaube nicht das was da im Internet steht, dass alle Männer Kinderficker und Massenvergewaltiger sind, ehrlich, gar nicht. Männer sind auch, nun ja, irgendwie Teil der zivilisierten Gesellschaft, manche zumindest. Aber Sie wissen ja wie das ist: Ist die Katze nicht im Haus, tanzen die Mäuse auf dem Tisch, haha, ist doch so, insoweit gehört da schon ein wenig Kontrolle dazu, denn in jedem Mann steckt auch immer ein … sie wissen schon, oder? Die sind ja so. Ich muss das nicht aussprechen, was wir alle denken, nicht? Wir kennen sie doch. Es gibt sogar Lieder über sie, die von besoffenen Junggesellinnenabschieden über die Oranienburger Straße gebrüllt werden. Und Besoffene und Kinder sprechen die Wahrheit, haha…

Schau an. Da sitzt er. Und das morgens. Alleine. Mit fünf Kindern. Ohne Aufsicht. Und spielt mit ihnen. Ein Mann. Vollkommen alleine. Ich meine, hey, es ist toll, dass Männer nun auch in klassisch als Frauendomänen verbrämten Berufszweigen tätig sind, das ist großartig, ich bin modern, Aufbrechen der Geschlechterklischees und so, Dekonstruktion, super, da bin ich voll für, fuck rosa, Frauen in die Vorstandsetagen, Männer an die Nähmaschinen, aber muss es denn unbedingt … nun ja … ein Erzieher in meiner Kita sein? Ausgerechnet in meiner? Kann der nicht als Friseur anfangen, wenn er unbedingt in einen Frauenberuf will? Sekretärin? Krankenschwester … äh, Krankenbruder… oder Hebammer? Obwohl, nee, Hebammer ist auch blöd, da ist dem Missbrauch genauso Tür und Tor geöffnet. Habe ich Missbrauch gesagt? Das wollte ich nicht, nein, ich hasse Generalverdacht, auch Männer müssen die Chance bekommen, sich zu resozialisieren, sich zu beweisen, dass sie anders sind als alle anderen, aber doch bitte behutsam, mit Augenmaß, nicht gleich alleine morgens in der Kita mit meinem Sohn, Tochter, wenn keiner weiß, was der da macht, wenn keiner hinschaut. Ohne Aufsicht. Wenn niemand konrolliert wie er die Windeln wechselt. Der Mann. Hey, bitte, nein, ich bin superaufgeklärt. Praktisch vorurteilsfrei. Aber das wird man doch wohl mal …

Soweit von hier. Meine Kita hat jetzt einen Mann als Erzieher und nun ist da diese unheimliche Stille morgens. Dieses Misstrauen bei der Übergabe der Kinder ist fast greifbar, bleibt aber immerhin unausgesprochen. Und was mir dazu einfällt ist nur so viel: Für kein Geld der Welt. Für kein Geld.