
Unter den E-Mails, die ich ab und zu bekomme, sind auch sogenannte „Abokündigungen“. Das bedeutet, mir wird ungefragt erzählt, warum irgendwer hier nicht mehr liest. Und da war in den letzten Jahren alles dabei. Zu links. Zu rechts. Zu unpolitisch. Zu politisch. Zu wenig Foodcontent. Oder zu viel. Und überhaupt: Wer den Don Alphonso verlinkt, den kann man nicht mehr lesen. Wer die Kommunisten vom Lower Class Magazine verlinkt auch nicht. Oder den Danisch, der geht schon mal gleich gar nicht.
Andere fahren die total persönliche Schiene und stellen sich als Leser der ersten Stunde hin, deren Maß nun voll ist: Früher warst du besser, zahm bist du geworden. Früher warst du besser, primitiv bist du geworden. Früher warst du besser, da war mehr Lametta. Und Obstsalat. Stuhlgangcontent. Puffbesuche. Biodeppenbashing. Und so weiter.
Dass mancher irgendwann mehr mitgehen mag, liegt in der Natur der Dinge und geht für mich vollkommen klar. Sie müssen hier nicht lesen, ich verdiene mit Klicks kein Geld. Ob hier 10 oder 50 Leute klicken, wirkt sich nicht nachhaltig auf mein Wohlbefinden und schon gar nicht auf mein Konto aus. Ich kann nicht mal meine Facebookreichweite messen, weil ich gar nicht bei Facebook bin. Und auch nicht bei Twitter, Flickr, Flattr, Fuckr.
Beim Bloggen ist es wie im ganzen Leben: Versuchen Sie nicht, allen zu gefallen. Leisten Sie sich Menschen, die Sie nicht mögen oder meinetwegen sogar hassen. Das ist gar nicht so schlimm wie Sie vielleicht denken. Ich zumindest kann damit umgehen. Also lesen Sie. Oder lesen Sie nicht. Alles soll mir recht sein. Und wenn Sie übers Kontaktformular unbedingt loswerden wollen, warum Sie tun was Sie tun, geht auch das klar. Ich lese alles, kein Problem.
Jetzt habe ich die kurioseste Abokündigung der Welt bekommen, die zu schön ist, um sie für sich zu behalten. Jemand hat den Feed gekündigt, weil: Zu viel Fleischcontent.
Das ist so schön, dass ich es gleich noch einmal bringen muss: Zu viel Fleischcontent. Großartig. So viel Kino war noch nie. Ein Irrenhaus, dieses Internet. Ich schmeiß‘ gleich auch ein paar Foodblogs aus dem Reader und schreib‘ denen auch warum: Zu viel Rhabarbercontent. Bah. Rhabarber. Pfui Spinne.
Es folgen die Links. Read this:
gnaddrig ad libitum: Grundrechte, nüchtern betrachtet
Grün, grüner, Nanny.
ZG Blog: Draußen ist Wetter
Ha! Ich wusste es. Da schneidet jemand meine Fahrstuhlgespräche mit.
Der reisende Reporter: Mit dem Auto durch Israel
So geht Reisebloggen. Toll vertextet, toll bebildert. Ich war noch nie in Israel, aber ich möchte mal hin. Vermutlich wird es ein guter Zeitpunkt sein, wenn das Kind in die Pubertät kommt und die Hintergründe und die Widersprüche des Landes begreifen kann.
kreuzberg süd-ost: Totleben
Oh, das ist aber ein schönes Bad! Ist das Zufall? fragt der Besuch.
Nein, das ist Absicht, antwortet die Hausfrau.
Berlin du bist wunderbar: Brotfabrik – SS-Bäckerei des KZ Sachsenhausen
Dort fotografieren wo es weh tut.
Schlabonskis Welt: Auch Französisch ist Glückssache
Werber und Bildung sind unvereinbar, ebenso wie Werber und Niveau, Contenance und Understatement. Es gibt wenige Teile der Bevölkerung, die ich so verachte wie Werber. Investmentbanker vielleicht. Dax-Vorstände. Hedgefonds-Manager. Immobilienhaie. Mein Nachbar, der Obergentrifizierer.
stille revolution: Coffee-Rant
Büro. Scheißkaffee. Dummes Routinegelaber. So wertvoll wie Fahrstuhlgespräche übers Wetter.
ahoi polloi: (1420)
Platt, aber geil.
ToDaMax: Deutschland in Schildern
Hurra.
Auf den letzten Drücker ausprobiert und für gut befunden:
hafensonne: Wie Spargel zu essen sey