Da rebelliert mein Zimtstern

Da sitze ich in einem vegetarischen Restaurant und bin unwillig. Ich will das hier nicht gut finden müssen.

Ja. Vegetarisch. Ja. Vegan sogar auch. Ja. Rettet die Welt. Ja. 10% von Irgendwas gehen an Irgendwen. Dritte Welt. Waisenkinder. Hundebabies. Hundekinderbabywaisen. Oder an die antifaschistische antikapitalistische antisexistische fünfzehnte Sektion der XVII. Kreuzberger Internationalen. Oder einen Ashram, ich weiß es doch auch nicht.

Das alles ist schön. Ja. Der Name ist auch schön. Aber ich mag’s hier nicht. Weil hier stimmt so wenig.

Ich sah draußen eine Tafel. Es gibt zu essen. Und drinnen warte ich. Sitzend. Dann stehend an der Theke. Hinten wuseln irgendwelche hin und her, es muss was erledigt werden, operative Hektik. Einer hetzt an mir vorbei. Und wieder zurück. Was ist passiert? Ich schaue mich um, was der Grund für die Emsigkeit sein mag, doch ich bin ganz alleine im großen Raum. Niemand nimmt Notiz.

Vor Langeweile mache ich Fotos. Das geht gut. Endlich was zu tun. Doch nach 14 Fotos höre ich auf. Keine unfotografierten Motive mehr.

Irgendwann bestelle ich dann doch bei jemandem, der hart an der Grenze zur Unhöflichkeit einsilbig ist und den ich sichtlich störe.

Ich nehme A.

A ist noch nicht fertig.

Dann B.

B ist auch noch nicht fertig.

Ich nehme das einzige, das fertig ist: Irgendeinen Nudelauflauf.

Und der dauert.

Ich bin der Einzige hier. Außen einigen Touristen, die reinkommen …

… und wieder gehen als sie an der Theke versauernd nicht beachtet werden. Déjà-vu cherie.

Leeres Lokal. Auf dem Touristenstrich Schlesische Straße eine Kunst, das hinzubekommen. Hier wo alle anderen zu Mittag brummen und vor Mäulern überquellen.

Irgendwann kommt der Auflauf. Eine Serviette bekomme ich nicht. Dafür immerhin Besteck. Der Auflauf ist nicht wirklich gut. Ein paar harte Nudeln schauen oben aus dem geschmacklich immerhin sehr guten Käse heraus, es gibt ein paar Champignons darunter und irgendetwas anderes schwarzes. Oliven? Keine Ahnung. Und Balsamicoessigflavour. Zu dominant um gut zu sein. Der kommt von dem zugleich auf den Teller geschaufelten sehr frischen, aber leider nicht abgetropften Salat, dessen viel zu reichliches Dressing meinen Auflauf von der Seite her durchweicht und komplett balsamifiziert.

Fast froh, dass die Portion Auflauf nebst Salat viel zu klein ist, um satt zu machen, bestelle ich – nach der obligatorischen Wartezeit an der Theke – ein Stück veganen Kuchen und wieder herrscht zu deutlich der Eindruck, jemanden bei irgendwas zu stören, obwohl ich immer noch der Einzige hier bin, der irgendetwas von den Betreibern will.

Gut, außer der Gruppe Touristen, die fünf Minuten saß und dann ging ohne beachtet zu werden.

Das Stück Kuchen ist geschmacklich sehr gut, aber erkennbar von vorgestern und auch wieder verhältnismäßig klein. Schade. Veganer haben offenbar tatsächlich die kleineren Mägen und mögen ihre Mahlzeit gerne gut abgehangen.

Aber wenigstens hält der Espresso, der mir natürlich ohne Keks und Wasser wortlos auf den Tisch geknallt wird, die Fahne dieses Ladens hoch, den bekommt man nur schwer irgendwo besser, wirklich gut. Immerhin.

Es gibt jedoch zunächst keinen Zucker dazu, ich muss umständlich danach fragen, was nervt, weil mir das nicht zum ersten Mal begegnet: Ich werde in szenigen Cafés immer öfter zum Puristen erzogen, der seinen Kaffee gefälligst schwarz trinken soll, wahrscheinlich weil die Bohnen handfermentiert durch die Därme grüner Meerkatzen aus Tlocopatapetl in meinen Kaffee gesungen wurden und man das Meisterwerk nicht mit Zucker versauen darf, weil sonst das Karma leidet und ich das nur mit von Sri Chinmoys Tempelfrettchen besamten paschtunischen Heilsteinen aus der nächstgelegenen Kreuzberger Esoterikklitsche wieder kitten kann. Madre mia.

Ich gehe zuletzt lieber freiwillig nach vorne an die Theke zum Zahlen anstatt wieder zu warten. 20 Euro. Mit Trinkgeld, weil ich heute trotz dieses Ladens und seiner muffeligen Aura unkaputtbare gute Laune habe. Doch es gibt wieder kein Lächeln zurück. Kein Tschüss. Wortlosigkeit beherrscht den Raum. Verrückt. Was braucht es nur, um die Stimmung in diesen Räumen aufzuhellen? Ein Steak vielleicht. Oder Gummibärchen mit Knochenmehl.

Ja. Nein. Doch. Ich bin unwillig. Seltsamer Laden. Ich fühle mich hier nicht wohl. Ich gehöre hier nicht her. Gegenüber ist ein türkischer Kiosk, dessen antiveganes Snickers mich dann doch noch satt macht. Ein paar freundliche Worte nebst Lächeln bekomme ich dort auch noch dazu. Zu meinem Snickers für 80 Cent. Schön.

Und gut.

Einen hab ich noch: Wie erkennt man einen Veganer auf einer Party?

Er wird es erzählen. Jedem.

Haha.

Ha.

H.

Grumpf…


Ick un indisch