
Als Läufer in Berlin haben Sie eine ganz besondere Beziehung zu Hunden. Hunde finden Sie toll, denn Sie bewegen sich schnell, sind also wahlweise ein Spielkamerad, den es vor Freude anzuspringen gilt, oder eine Beute, die erlegt oder mindestens gestellt werden muss. Inzwischen werde ich bei Hunden ab einer gewissen Größe automatisch langsamer oder halte sogar gänzlich an, um zu warten bis sie vorbei sind. Es bringt nix, sie sitzen am längeren Hebel, haben die schärferen Zähne und ich im Zweifel eine kaputte Laufhose nebst aufgeschlagenem Knie.
Natürlich kostet mich das Anhalten und Warten ein Stück weit den Trainingseffekt, aber es ist besser so. Berliner Hundehalter haben im Allgemeinen weder die Reife noch das Können, Hunde zu halten. Der durchschnittliche Berliner Hundehalter hat keine Ahnung, was er da eigentlich mit seinem Tier tut und er hat auch kein Interesse, daran irgendetwas zu ändern. Anspringen, Umwerfen, in die Wade beißen, auf Kinder losgehen – ich habe schon alles mehrmals durch und das Ergebnis ist so niederschmetternd wie vorhersehbar: Sie können es nicht. Sie konnten es nie. Sie werden es nie können. Ein Hund scheint in dieser Stadt nur so eine Art Maskottchen zu sein, mit dem man sich behängt, ein Lebensgefährte, den man kauft und der einen deshalb durch das eigene langweilige Leben begleiten muss, weil es sonst keiner tun mag. Und ab einer gewissen Größe verleiht er dazu noch Macht über andere, von der alle in dieser Stadt offenbar immer so wenig haben, dass sie Substitute wie Hunde, Autos oder quergestellte Kinderwagen in Drogeriegängen brauchen, um sich zu spüren.
Guten Tag. Da sind wir wieder. Pankow. Esplanade. Ein Teil meiner Halbmarathon-Trainingsroute zwischen Mauer- und Pankower Bürgerpark. Ein Rottweiler kommt mir entgegen geschossen. Ausgerechnet. Ich hasse Rottweiler. Einem von ihnen habe ich eine Narbe am Unterarm zu verdanken und einem anderen einen Sturz durch Tackling, bei dem er mich von hinten gerodet hat, wobei ich mir das Knie am Bordstein blutig stieß. Ein Rottweiler also. Och lass ma. Gut jetzt. Kein Bock mehr. Ich bleibe lieber stehen und rühre mich nicht. Da wird doch sicher gleich jemand kommen und den von hier wegbringen.
Wird doch.
Sicher.
Gleich.
Hoffentlich.
Hallo?
Er hat mich gestellt. Steht da und. Bellt. Schaut mich an und. Bellt. Klassisch gestellt. Ich habe keine Ahnung was ich tun soll, Wegrennen kann ich mir abschminken, Hundekuchen habe ich keinen dabei und Hände heben wie bei einer Verhaftung bringt wohl auch nix. Also bleibe ich stehen und warte auf irgendjemanden, der irgendwas macht.
Und so vergeht Zeit.
Es dauert etwa eine quälende Minute, dann schlurft ein Schlumpf um die Ecke, packt den Rottweiler am Halsband und sagt:
„Was haben Sie denn? Der bellt doch nur.“
Was soll ich dazu noch sagen. Außer fick dich doch. Honk.