
Ich bin kein großer Freund von Warentrennern im Supermarkt. Früher ging es ja auch ohne. Hat man seinen Scheiß eben ein wenig versetzt zueinander auf das Fließband gestapelt und gut. Es war eine Frage der gegenseitigen Rücksichtnahme, Selbstdisziplin, Understatement, alte Schule wenn man so will.
Jetzt gibt es Warentrenner und der Umgang damit ist wieder einmal so richtig schön deutsch. Es müssen nämlich jetzt, wo es diese Dinger gibt, auch welche eingesetzt werden. Ob das im Einzelfall Sinn ergibt oder nicht, ist nebensächlich. Hauptsache Ordnung. Trennung. Maschendraht. Zipfelmütze. Gartenzwerg.
Ich für meinen Teil lege den Warentrenner nur aufs Band, wenn mir mein Hintermann mit seinem Einkauf so sehr auf die Pelle rückt, dass es unanständig wird und die Gefahr besteht, dass der bleiche Student an der Kasse die Vaseline des Einkaufs hinter mir zu meinem rechnet, weil sie sich so schön passend an meine Salatgurke schmiegt.
Heute bin ich bei Lidl. Zwischen meinem Einkauf und dem der zugepiercten Mitt-Dreißigerin und ihren merkelesk runterhängenden Frustbeulenmundwinkeln dürfte locker ein halber Meter Abstand sein. Das ist so ausladend viel Platz, dass auch der debilste Kassenstudent verstehen wird, dass an dieser Stelle der Einkauf eines anderen Kunden beginnt. Also nehme ich keinen Warentrenner. Warum auch? Unnötige Arbeit ist überflüssige Verschwendung von Energie. Nachhaltiges Wirtschaften mit den Ressourcen des eigenen Körpers wird mit zunehmendem Alter immer wichtiger. Actio = Reacio. Je mehr sinnlose Bewegung desto Verfall.
Doch manchmal bringt auch Non-Actio eine Reactio hervor. Und zwar von hinten:
Mit einem gedehnten Stoßseufzer der Verachtung, einem von der Sorte, zu dem nur Frauen ab 30 in der Lage sind, die gerade erleiden, dass so ein Menschenleben wahlweise eine Geduldsprüfung und eine Strafe jedoch mitnichten ein Ponyhof ist, schmeißt sie einen Warentrenner zwischen meinen und ihren Einkauf. Und mit einem Ächzen des Grauens einen weiteren zwischen ihren Einkauf und dem ihres Hintermanns, einem Bauarbeiter, der einen satten Meter hinter ihr seinen Flachmann und eine Packung stinkender Industriebouletten für die Mittagspause geparkt hat.
Die Art wie sie beide Warentrenner auf das Band gepfeffert hat, klang für meinen Geschmack ein wenig zu brutal, also drehe ich mich kurz zur Seite, um zu schauen, ob jemand verletzt ist.
Noch bevor ich mich ganz umgedreht habe, kassiere ich den Blick des Todes, zu dem nicht nur alle Frauen ab 30 (Geduldsprüfung, Strafe, kein Ponyhof, Sie wissen schon) in der Lage sind, sondern alle. In jedem Alter. DER Blick. Der Gib-mir-eine-Machete-und-ich-schneid-dir-den-Puller-ab-Blick. Der Disziplinarblick, der Salzsäulenblick, Medusastyle, ein Blick sie zu knechten, sie alle zu finden, ins Dunkel zu treiben und ewig zu binden.
Den ich jedoch ignoriere. Weil ich ihn immer ignoriere. Weil es das einzige Mittel gegen ihn ist. Männer, die ihren Stolz behalten wollen, lernen das früh.
Natürlich wird insistiert:
„Sie hätten ruhig einen Warentrenner nehmen können.“
Stille.
„Hören Sie?“
Ich schweige.
„Hallo?“
Ich stecke mir Kopfhörer in die Ohren und mache Musik an.
„Das gibt’s doch nicht!“
Ich mache die Musik lauter.
Zahle.
Gehe.
Trinke Kakao.
Verkneife mir ein Grinsen.
Honk.
Glückwunsch.