Am Bürgerpark Pankow: Mirabelle

Ich meine es ja traditionell gut mit der Mirabelle. Ich bin oft da. Es ist ein urgemütliches Lokal in unmittelbarer Nähe zum Bürgerpark Pankow, geräumig und sehr, wirklich sehr, kinderfreundlich – pädophobe Kinderwagenhasser sollten hier nicht hingehen, sie werden es hassen, die Kinderwagen und das Lokal.

Diese familienfreundliche Ausrichtung ist ganz offensichtlich gewollt und wird vom Publikum sichtlich geschätzt. Auch von mir.

Hier wird gutbürgerliche Küche gegeben und das durchaus bodenständig, solide, gut. Vom Schnitzel über Spätzle bis zum Fisch wird hier alles das aufgefahren, was allgemein unter deutscher Küche subsumiert wird.

Man kann sich wohlfühlen in der Mirabelle, der Service ist aufmerksam, schnell und erfreulich charmant zu Kindern. Man fühlt sich nie vergessen.

Die Einrichtung ist rustikal, aber nicht so peinlich gewollt wie in Prenzlauer Berg, wo man vor der Eröffnung eines Lokals gerne mal mit dem Bunsenbrenner Brandlöcher in die vorher absichtlich schief geklebte Blümchentapete brennt, ein wenig braune HP-Soße dagegenspritzt, dem pinken Che-Guevara-Plakat einen Schnurrbart anmalt und das dann für total stylish hält. Schnöselstyle. Abgeschmackt und vorhersehbar. Mir gefällt es in der Mirabelle besser.

Dennoch sehe ich Verbesserungspotenzial.

Leicht.

Aber doch.

Und wo?

Das Essen. Es kann noch ein Tick besser werden, eine Idee vielleicht nur, aber das wär’s, um für deutsche Küche perfekt zu sein. Ein Beispiel? Gerne: Das Schnitzel mit Bratkartoffeln.

Das Schnitzel ist okay, echt okay, Schnitzel geht immer, vor allem wenn es vom einem Könner respektive einer Könnerin paniert und gebraten wurde wie hier, aber das Fleisch hatte in meinem Fall durchaus seine Schwächen. Vermeidbare Schwächen, um genau zu sein.

Freundlicher Rat: Schneidet doch den Knorpel an der Seite künftig einfach weg, wenn es einen gibt, das kostet nicht viel Zeit und freut den Gast, wenn er da nicht draufbeißen muss. Darüber hinaus hilft es, die sonst sehr guten Bratkartoffeln nebst Schnitzel kurz abzutropfen, so dass beides nicht ganz so fettig auf den Teller kommt. In Sachen Fett ist weniger einfach mehr, zumindest bei sowieso schon rustikalen urtierdeutschen Gerichten wie diesen.

So. Das alles bringt mich nicht um, da bin ich ganz entspannt, ich schneide den Knorpel gerne selber weg bzw. spucke ihn aus, freue mich über den überraschend guten, leicht zitronig angemachten Salat als Beilage, der mir wieder ein wenig Leichtigkeit verleiht (hier ein ausdrückliches Danke fürs Weglassen des Quasimodos der Salate: den Eisbergsalat) und trinke dann eben sechs statt drei Mirabellenschnäpse zur untauglichen Verdauung des Fetts, mir doch egal.

Die Inhaberin hat seit Jahren mit ihrem Personal zu kämpfen. Sie kämpft auf allen Bewertungsplattformen im Internet, auf denen ihr diese Schwachstelle immer wieder vorgeworfen wird. Sie passt an, justiert dort, stellt da um. Viel Engagement, viel Herzblut und mit Sicherheit sehr viel Gefühl. Ich mag Menschen mit Gefühl. Und mit Herzblut und Engagement sowieso.

Ja, gutes Servicepersonal ist in Berlin schwer zu bekommen und wenn, dann verschwinden sie in den Sternelokalen, in denen sie so verdienen wie sie es verdienen. Dennoch empfand ich es im Mirabelle nie so übel, dass ich gegangen wäre, im Gegenteil, es war stets angenehmer als man für gutbürgerliches Essen zu einem akzeptablen Preis in Pankow (!) erwarten kann.Ich meine es traditionell gut mit der Mirabelle. Und das bleibt auch so.


Mirabelle, Schulzestr 21, Pankow

http://www.cafe-mirabelle.com/

Alte Qype-Rezension, anlässlich eines erneuten Besuchs neu aufgelegt.