
Ich bin jetzt offenbar an der Stelle, an der jeder Blogger einmal ankommt: Die Werber schreiben. Ich soll was verlosen. Ein Buch. Einen USB-Stick. Einen mp3-Player. Theaterkarten. Und so stellen sie sich das vor: Ich bekomme irgendeinen Mist in Kommission, den ich dann hier auf dem Blog in einem Gewinnspiel verlosen kann. In dem dazugehörigen Blogpost soll ich dann einen Link zum Anbieter einbauen, möglichst prominent natürlich, aber doch bitte wiederum nicht so, dass es wie Werbung aussieht. Als Gegenleistung tweetet das Unternehmen das Gewinnspiel mit einem Link ins Blog.
Mmmh…
Mal kurz überlegen…
Nein. Eher nicht. Oder besser: Sicher nicht. Denn was kommt als nächstes? Blinkende Casinowerbung zwischen den Absätzen? Amazon-Partnerlinks? Google Ads? Sponsored Posts? Oder der Gipfel der Verzweiflung: Ein Flattrbutton?
Jetzt weiß ich auch, wo manche Blogger aus meinem Feedreader diesen ganzen Mist herhaben, den sie so verlosen. Ich habe im Ernst gedacht, die haben das irgendwo her, Messen, Promotionaktionen in Einkaufszentren oder so, wissen nichts damit anzufangen und verlosen das Überschüssige großherzig. Nein, liebes naives Kind, so läuft das nicht. Auch hier geht es natürlich um Business, konkret: Ums Werbebusiness.
Mich überrascht das ernsthaft. Kein Scheiß. Ich hätte nicht erwartet, dass Blogs hierzulande werberelevant sein können. Sind sie aber offenbar. Und dass jetzt sogar welche ernsthaft in diesem Nischenblog für Minderheiten und Misanthropen ihre Produkte platzieren wollen, überrascht dann doch sehr.
Werbung auf Blogs geht in Ordnung, ehrlich, offen gekennzeichnete Amazon-Partnerlinks auch, zumindest wenn man in der Lage ist, die ganzen unsauberen Geschäftspraktiken dieses steueroptimierten Ausbeuters zulasten sozial Schwächerer auszublenden. Auch mit gesponsorten Posts habe ich nicht den Ansatz eines Problems, sofern sie als solche gekennzeichnet sind und ich sie schnell wegwischen kann.
Doch das ist meistens nicht der Fall. Es wird etwas verlost und nirgends wird gekennzeichnet, dass es sich hierbei um platzierte Werbung handelt. Das ist aus zweierlei Sicht falsch: Der Blogger erhält als Gegenleistung die Möglichkeit, sich als ein Wohltäter zu präsentieren, der er nicht ist, und der Leser liest einen Text, den er für einen normalen Beitrag hält, dabei wird ihm in Wirklichkeit ein Produkt untergeschoben, dessen Werbung für ihn auf den ersten Blick nicht wahrnehmbar ist.
Dass manche Blogger für den zweifelhaften Ruf, sich als spendabel darstellen zu können und für die zweifelhafte Ehre, einen Tweet mit Verlinkung von einem Verlagshaus, Theater oder von einem Puppenhersteller abzugreifen, ihre Leser verkaufen, steht auf einem ganz anderen Blatt, hilft aber dabei, mal wieder den Feedreader auszumisten.
Nein, sorry, nichts für mich. Hier gibt es keine Gewinnspiele, ich verschenk‘ nur Buchstaben. Aber geht mal rüber zu den Foodbloggern, da gibt es jede Menge Kochbücher zu gewinnen, falls ihr nicht wisst, wie man im Internet kostenlos an Rezepte kommt. Oder schaut bei einem der zahlreichen superfreshen Buzzfeed-Wiederkäuern und Content-Rebloggern vorbei, da gibt es bestimmt bald wieder ein tolles Medion-Headset oder eine Klobrille vom Hagebaumarkt abzugreifen.
Illusionen. Je tiefer man in eine Sache eintaucht, desto weniger werden sie. Das ist immer so.