Endstation Treptow

Der westliche Vorplatz des S-Bahnhofs Treptower Park ist ein unglückseliger Ort. Hier treffen sich die Verlierer der Wende mit den Verlierern der rot-grün-schwarz-gelben Arbeitsmarktreformen und denen, die so aussehen, als seien sie die Verlierer des letzten Weltkriegs.

Hier an diesem verfallenen und verrosteten Büdchen rülpsen sie ihr Unglück in die Welt – in der Hand die obligatorische Morgen-, Mittags- oder Abendmolle, je nach Tageszeit.

Es ist ein perspektivloser Ort mit perspektivlosen Menschen, der erschüttert und betroffen macht. Selbst die Dealer haben sich mangels Zukunft von hier verzogen. Nix zu holen.

Willkommen in Treptow.

Die Imbissbude wurde vom Stammpublikum mit der Zeit konsequent runtergewohnt wie ein durchschnittliches Wohnzimmer in einer durchschnittlichen Neuköllner Studenten-WG. Der Verfall ist vorprogrammiert und für jeden sichtbar unausweichlich. Hier geht es nicht aufwärts, hier herrscht der Untergang.

Ich esse eine Wurst. Sprachfragmente sekundieren:

„Ey wenndie Olle nochma die Fresse uffmacht jibtet ne Schelle.“

„Die Fotze vom Arbeitsamt hat jesacht ick soll Bewerbungn schreim, sons jibs keene Kohle mmehr, die hat ja wohl een anna Schraube, abba jewaltich!“

„Wenna Scheißköta nich uffhört zu belln schmeissickn uffe Gleise.“

Und der Klassiker: „Kiekstna?? Fafatzda oda ick hau da uffs Maul.“

Die Trostlosigkeit der Worte hat auf Dauer die gleichen Folgen wie der Säuferurin auf die umliegenden Pflanzen. Leben geht kaputt.

Hier eine Bratwurst zu essen ist etwas für Abenteurer und Soziologen, die hier so tief in das Elend der deutschen Hauptstadt anno 2013 eintauchen können wie fast nirgendwo sonst.

Wenigstens gibt’s eine ziemlich gute Bratwurst dazu. Und wenn man will ein Bier.