Das Full Force Festival auf irgendeinem Flugplatz irgendwo in Sachsen, Sachsen-Anhalt oder Sachsen-Unstrut bedeutet drei Tage lang Dreck, Metal und Suff. Die Dixi-Klos sind in der Regel am Ende eines Tages ohne ABC-Anzug unbenutzbar, mal funktioniert das Wasser zum Zähneputzen, mal nicht, und für den Versuch, ob die Tatsache, dass man seit drei Tagen ungeduscht in den eigenen stinkenden Klamotten vor sich hin verwest, Auswirkungen auf die Anziehungskraft gegenüber Insekten hat, findet man hier ideale Bedingungen vor. Mein persönliches Ergebnis ist: Nach drei Tagen ohne Waschen wollen Stechmücken nichts mehr von mir wissen, das ist selbst denen zu eklig.

Hier auf dem Full Force haben sich alle lieb, besonders mochte mich der Besoffene, der kurz vor Morgengrauen in meinem Zelt auf mich fiel und nicht mehr aufstehen wollte, bis ich ihn schließlich an den Beinen nach draußen zog. Auch der sich verabschiedende Junggeselle in Strapsen und BH, der Wodka in Kondomen für einen Euro feilbot, wollte mir nicht mehr von der Seite weichen, bis ich drei Wodka aus den Kondomen getrunken habe, von denen ich immer noch hoffe, dass sie unbenutzt waren.

Es gibt selten Stress hier, dafür viel Müll, ohne den ein Festival kein Festival ist. Manchmal ist es etwas schwer, den Müll von den darunter liegenden Alkoholleichen zu unterscheiden, aber irgendwann wird das auch egal und man legt sich einfach dazu. Das Festival ist ein Beweis dafür, dass aggressive Musik eher nicht zu Aggressionen führt. In jeder Hippiekolonie gibt es mehr Stunk. Und in Prenzlauer Berg sowieso.

Die Verpflegung ist naturgegeben einseitig: Drei Tage lang Hot Dogs. Morgens Hot Dogs, mittags Hot Dogs, abends Hot Dogs und nachts vor dem Schlafengehen auch nochmal einen Hotdog. Einmal war ein Döner dabei – quasi als Ausrutscher. Der war ganz übel, ein fieses Stück Stinkedreieck, das ich mir zugunsten eines weiteren Hot Dogs hätte sparen sollen.

Schön ist die kleine Bühne, auf der die Bands spielen, die auf die große Bühne wollen, aber noch nicht dürfen, weil sie noch zu scheiße sind. Lustig ist auch die Security, von denen ich einigen nicht abnehme, dass sie im Ernstfall für Sicherheit sorgen können, aber sie wurden auch selten gebraucht.

Einer kam mir entgegen, den seine Freunde – solche, wegen denen man keine Feinde mehr braucht – in einen Einkaufswagen gesetzt und mit Folie verschürt haben. Er hat gelacht, weil er in der Gegend herumgeschoben und – oft aus einem Schlauch – mit Getränken versorgt wurde. Starker Auftritt.

Professionell ist das hier und doch nicht völlig durchkommerzialisiert. Und auch nicht ganz so überlaufen wie Wacken.

Ich möchte noch einmal herkommen und hier auf diesem verkackten Flugplatz irgendwo fast in Polen, Tschechien oder Chisibubikaio hemmungslos und leidenschaftlich versumpfen. Jedes Jahr wieder.
BOMM-BOMM-BOMM!!!
„MACH DIE HOTTENTOTTEN-MUSIK LEISER!!“
„Jaja.“
BOMM-BOMM-BOMM!!!
„LEISER! ODER DU KOMMST INS HEIM!“
„Jaja.“