
Wenn wir schon beim Thema Sport sind: Joggen in Prenzlauer Berg ist eine Tortur.
Der Jogger in Prenzlauer Berg hat zwei natürliche Feinde: Den Hundehalter und den Fahrradfahrer. Der Köter jagt ihn über die Bürgersteige des Bezirks und der Fahrradfahrer fährt ihn darauf über den Haufen. In einem Bezirk, dessen Hundehalter an die antiautoritäre Hundeerziehung glauben und dessen Fahrradfahrer sogar Kinder vom Bordstein fegen, wird das Joggen nicht nur zum Spießrutenlauf, sondern nahezu unmöglich.
Ein Fluchtpunkt vor diesem Wahnsinn ist die Tartanbahn im Jahn-Sportpark an der Cantianstraße. Kein Fahrradfahrer. Kein Hund. Dafür extrem schräge Öffnungszeiten, die keinerlei Logik folgen, sondern offenbar abhängig sind vom Mondkalender, dem Würfelglück des Wirts in dieser letzten verkeimten Eckkneipe der Stargarder Straße oder dem Menstruationszyklus der Frau vom Platzwart.
Cantianstraße. Tartanbahn. Nähe Falkplatz. Schön hier. Das Volk treibt Sport. Auf der Innenbahn sprinten die Gazellen, deren Geschwindigkeit ich nicht nur nie erreichen werde, sondern die mir geradezu übermenschlich vorkommt, auf der Außenbahn schnaufen die übergewichtigen Anfänger mit Trainingsplan, die nach Monaten des nie enden wollenden Winters gegen die vielen gemästeten Schweinehunde ankämpfen und zwischendrin ich, eine Mischung aus allem, mal schnell, mal langsam, mal kein Bock, mal motiviert, aber immer Durchschnitt.
Wenn man jedoch wieder einmal vor verschlossenem Gatter steht und nicht die Eier hat, über den Zaun zu klettern, muss man hilfsweise rund um das ganze Areal joggen, dessen Bürgersteigbelag sich an der Oberfläche des Mondes orientiert, und kollidiert dort zwangsläufig mit besoffenen Touristen, Hunden und den unvermeidlichen und allgegenwärtigen Fahrradfahrern, wenn man sich nicht vorher an einem Schlagloch den Knöchel bricht.
Ich verstehe nicht, warum der Bezirk den Platz nicht völlig öffnet. Lasset das Volk doch Sport betreiben. 24 Stunden am Tag, wenn es sein muss. Volksgesundheit, Ertüchtigung, hart wie Kruppstahl und so, meine Güte, Jogger sind das unkomplizierteste Volk dieser Erde, sie wollen einfach nur laufen. Mehr muss nicht.
An den Einlass setzt man einen der vielen ausgemusterten Beamten aus dem ehemaligen Berliner Stellenpool (oder am besten den aus dem Standesamt Pankow, der zwei Stunden braucht, um ein Dokument zu beglaubigen und sich seinen eingegipsten Finger wahrscheinlich beim Nasebohren gebrochen hat), und der tut dann aus versicherungsrechtlichen Gründen so, als passe er auf. Etwa so wie einer der lächerlichen Security-Schießbudenfiguren bei Lidl, die durch die Gänge watscheln wie Pacman.
So. Geritzt. Die Sache. Und das Volk freut sich.Aber wahrscheinlich ist das wieder so eine Mischung aus „Hamwa immer so gemacht“ und „Da könnt ja jeder kommen“ und so ist die Tartanbahn weiterhin nur bei zunehmendem Neumond in Kombination mit Südwestwind, bei einem Sechserpasch des Wirts von der Stargarder Straße und am dritten Tag der immer überfälligen Regel der Frau vom Platzwart geöffnet. Oder andersrum. Egal.