Die mieseste Pizza der Hauptstadt

Nachdem die Frage nach dem miesesten Döner der Hauptstadt beantwortet ist, bleibt als letztes ungelöstes Rätsel in Fragen kulinarischer Bootcamps nur noch das der miesesten Pizza der Hauptstadt.

Und das ist einfach: Amigo.

Dass sich die Pizza des Restaurants Amigo auf der Halbinsel Stralau Pizza nennen darf, ist eine Blasphemie.

Als das Werk damit begann, mit seiner Anwesenheit meinen Tisch zu entweihen, musste ich kurz lachen. Anderswo, zum Beispiel beim Bäcker um die Ecke, firmiert so ein Ding unter Pizzaschnitte, dieser kleine schrumplige Fladen, der seinen sowieso schon viel zu kleinen Teller nur knapp zur Hälfte ausfüllen kann.Fünf Euro soll sie kosten, die Schnitte – Respekt, das ist vor dem Hintergrund der kümmerlichen Optik ambitioniert.

Und sie ist keinen Euro davon wert.

Auf der Oberfläche des bedauernswerten Mutanten haben sich einige Käsenester gebildet, dick, schwer, gummiartig und in ihrer maximalen Ausdehnung etwa fünfmal so dick wie der Teig, zähe schwer verdauliche Käseklumpen, die sich mit dem stumpfen Messer nur unzureichend schneiden lassen. Man muss sie auseinanderschaben wie Spätzleteig, diese Nester, wobei man den von viel zu säuerlichen Pepperonis aus dem Glas durchgeweichten Pizzaboden gleich mit auseinanderrupft, was ein Schlachtfeld auf dem Teller hinterlässt. Nur ohne Leichen – wenn man von der Salami absieht.

Der Teig bildet aufgrund des Durchweichens mit Pepperoniwasser eine zähe Legierung mit den fürchterlichen Käsenestern, so dass ich das Gesamtgebilde am liebsten zusammengeknüllt und als Gummiball gegen die Wand geworfen hätte, wo es als Mahnmal für alle, die so verrückt sind, hier essen zu wollen, für alle Ewigkeit kleben geblieben wäre.

Geschmacklich sticht kaum etwas aus dieser kulinarischen Kriegserklärung heraus, außer der völlig deplatzierten und unangenehm säuerlich daherkommenden Pfeffer(!)salami, die so wenig auf eine Pizza passt wie eine Prenzlmutter in einen Dessouskatalog und nur einen weiteren traurigen Tiefpunkt unter das sowieso schon geschmacklich unterkellerte Machwerk setzt.

Der Käse sollte sich darüber hinaus nicht Käse nennen dürfen, denn er ist nur zäh, dafür ohne jeglichen Eigengeschmack, man möchte was damit modellieren, wie mit Knetgummi im Kindergarten, eine Skulptur oder einen Wegweiser zur nächsten Kochschule, der Gummikäse, er ist auch verantwortlich für das brackige Aufstoßen noch Stunden später.

Börks.

Ich habe zwei Marsriegel hinterhergeworfen, um das pelzige Gefühl im Rachen loszuwerden. Es hat nichts geholfen.

Börks.

Salmiakpastillen auch nicht.

Börks.

Ich wollte es mit Chlorreiniger versuchen, aber ich habe den kindersicheren Verschluss nicht aufbekommen.

Börks.

Bei allen Göttern des Himmels, das ist wirklich ein übles Stück Scheißdreck, dieses kleine, hässliche, fiese Ding und ich stelle mit dem Brustton der Überzeugung fest, dass es die schlechteste Pizza der Hauptstadt tatsächlich auf der ansonsten sehr schönen Halbinsel Stralau gibt. Meine vorzüglichste Verachtung dafür. Egal wo, in Moldawien, Usbekistan oder Nordkorea, eine Pizza kann nicht mehr schlechter schmecken und übler aussehen als hier, nicht einmal in Brandenburg an der Autobahnraststätte.

Börks.

Erst jetzt wird mir klar, warum nie jemand hier drin sitzt und ich mich seit Jahren frage, wie sich ein Lokal ohne Gäste angesichts der stadtbekannten hohen Mieten auf Stralau hält.

Börks.

Haben wir denn keinen Lichtblick an diesem trostlosen Ort?

Ja, doch, meinetwegen, ich habe tatsächlich frische Champignons auf der Pizza gesehen, die Armen, es muss ein Versehen gewesen sein oder es ist vielleicht tatsächlich der gutgemeinte Auftakt einer Qualitätsoffensive, die hier an diesem Ort so dringend geboten ist wie nirgendwo sonst. Am Ergebnis jedoch ändert aber auch das …

… nichts.

Börks.


Amigo
Alt Stralau 61
10245 Berlin


Eine Fischerhütte, die keinen Fisch kann