
Die Fischerhütte am Schlachtensee macht es mir schwer. Sie ist nämlich scheiße und gut.
Lutter & Wegner als Betreiber ist eigentlich eine Bank. Es gibt auch hier den berühmten L&W-Sauerbraten, der besser nicht geht und das Schnitzel, das kaum besser geht, außer vielleicht in Wien.
Es gibt in Butter geschwenkte Ziegenkäse-Gnocci, die unverschämt gut sind und eine geräucherte Entenbrust, die so großartig ist, dass mir kein Superlativ dazu einfällt. Und es gibt immer wieder Events wie ein Weihnachtsgansessen, das mir mehr als angenehm in Erinnerung ist. Ergo: Eigentlich eine Bank, hier am Schlachtensee.
Kürzlich habe ich einen Fehler gemacht: Ich habe beschlossen, in der Fischerhütte Fisch zu essen.
Zur Vorspeise die Fischsuppe für 12,80. Wow, ambitioniert von Preis und dann doch enttäuschend banal. Ein bisschen Grünzeug, ein bisschen Gemüse und der übliche verdächtige Kabeljau nebst einem anderen Fisch, der kaum in Erscheinung trat in dieser viel zu markanten Brühe, bei der dem Koch der Sherry ausgerutscht sein muss, so stark alkoholisch kam sie daher. Schade. Für 12,80 nicht wirklich gut.
Hauptgang: Zander für irgendwas über 21 Euro, bestehend aus einem erbärmlich kleinen Stück Fisch, den man zu lange lieblos angebraten hat, nachdem er zuvor mit viel zu viel Mehl eingestäubt wurde, was eine unangenehme Panade beim Anbraten zur Folge hatte.
Dazu banalste Salzkartoffeln und langweiligen Spinat mit ein paar traurigen Nordseekrabben, die das Ruder nicht herumreißen konnten.
Nach dem Essen befand sich zum allem Überfluss noch eine unansehnliche Pfütze aus geschmacklosem Spinatwasser auf dem Teller, die man nicht haben will, wenn man diesen Preis für diese eher gewöhnliche Hauptspeise zahlt. Spinat nicht richtig abgetropft ergibt Wassersee. Weiß eigentlich jeder Koch. Geht nicht. Nicht für 21 Euro. Für etwas, was mir nicht einmal Nordsee für den halben Preis zu servieren trauen würde. Schade. Schwach. Ganz schwach.
Stelle also fest: Die Fischerhütte kann alles, nur keinen Fisch. Der geht gar nicht. Muss man wissen.
Da gibt es noch etwas, was gar nicht geht in der Fischerhütte. Es ist dieses Oktoberfest.
Dort beim Oktoberfest trifft sich Zehlendorfs verschnöselte Villenjugend, Siegelring am Finger, Budapester am Fuß, Manschettenknöpfe, eine Ansammlung dünner bleicher Schleimer, einige mit mit Krawatte, andere gegeelt, Versicherungsvertreterfressen, angehende Bankerfratzen, Junge-Union-Abziehbilder und ihre wasserstoffblondierten Schnepfen, aber auch jede Menge Pumper, solariumsgebräunt mit Luftkissenbizeps – ein unerträgliches Dauergepose im Raum, Hilfiger-Polos, Golfschuhe, Breitling-Uhr, Brilli am Ohr, falsche Titten, man zeigt was man hat, nur hat man nicht viel. Außer Geld.
Ich musste nach ganzen zwei Stunden massenhaft sich selbst entleibender Gehirnzellen, die aus meinem Ohr in mein Bier tropften, dringend weg von hier an den SLKs und Cayennes vorbei zur U-Bahn Krumme Lanke Richtung normale Menschen – Flucht vor dem Klischee einer anachronistischen Frontstadt-Schickeria, die hier am Schlachtensee sich selbst und ihre unendliche Blasiertheit feiert.
Wie ich da reingeraten bin weiß ich auch nicht mehr, aber das ist auch egal. Erfahrung gemacht. Hab ich das auch mal gesehen. Nur bitte nicht noch einmal. Sonst färbt das noch ab.
Fischerhütte. Selten tat ich mich so schwer wie hier. Ein guter Ort zum Essen, wenn man keinen Fisch mag, und ein fürchterlicher Versammlungsort fürchterlicher Menschen, die fürchterliche Feste feiern.
Fischerhütte am Schlachtensee
Fischerhüttenstraße 136
14163 Berlin