Mauerpark-Verkacker

Der Mauerpark bekommt seine Luxuswohnungen – Bürgerbeteiligung gescheitert

Das war vor fast einem Monat. Danach hat die Bürgerwerkstatt vollmundig angekündigt, dass jetzt zum Protest mobilisiert wird. Jetzt? Nach so vielen Jahren Einschläferungstaktik? Wen mobilisiert man da? Die letzten übrig gebliebenen 20 Wutbürger vom Helmholtzplatz und ihre bucklige Verwandtschaft? Diese traurigen paar Wutzombies aus der Gruft, die gerade frei haben und noch nicht sediert worden sind von der aufgeblasenen Gruppe Wichtigtuer, die ernsthaft der Meinung war, sie könnte jetzt große Politik machen und mit den großen Wölfen heulen? Genau die, die vom Investor zuerst eingenordet und nun, wenn sie ihre Schuldigkeit getan haben, knallhart abserviert wurden? Genau die kommen jetzt, nach unzähligen Jahren Geseier und Gelaber, doch mal auf die Idee, Protest zu organisieren gegen den Irrsinn, jede letzte Brachfläche dieses geschundenen Bezirks mit Oberschichtenwohnungen zuzuballern?

Jetzt kriegen wir also noch mehr noblen Wohnraum in Prenzlauer Berg für die, die nie den Hals voll genug bekommen. In der so ziemlich letzten Brache, die der Bezirk zu bieten hat. Ausgerechnet am Mauerpark. Noch mehr Monokultur. Noch mehr Langeweile.

Dem Investor ist dabei kein Vorwurf zu machen, dem geht es nur um das Geld, der würde auch seine Oma samt Dackel, Teekännchen und Stützstrumpfhose verkaufen, wenn die Rendite stimmt. Soziale Durchmischung und ähnlicher altmodischer Folklorekitsch ist dem völlig egal und das muss es auch, sonst kann er kein Geld machen und seine Geldgeber reißen ihm den Arsch auf. So sind die, jeder weiß das. Don’t blame the player, blame the game.

Nein, schuld hat natürlich der bräsige Senat, zusammen mit einem verschnarchten Bezirksamt – beides Institutionen, denen die sozialen Verwerfungen in dieser Stadt erst auffallen, wenn alle Kinder schon im Brunnen ersoffen sind und man nun leider gar nichts mehr tun kann.

Schuld hat aber auch eine blasierte Veranstaltung von aufgeblasenen Pseudobürgerbewegten in einer Bürgerwerkstatt, die sich erst an die Spitze des Protests stellt, um ihn kurze Zeit später am grünen Tisch zu befrieden – klassische Pausenclowns mithin, die viel Papier produzieren während sie jeden Protest als kontraproduktiv diffamieren, weil ja jetzt die Profis ganz groß auf Augenhöhe mitreden.Und genau die hat man nun lange genug hingehalten, an sich selber rumspielen und sich gegenseitig zerfleischen lassen, bis sich das nicht unerhebliche Protestpotenzial Prenzlauer Bergs mit Grausen abgewandt hat. Und jetzt nach vielen Jahren endlosen Gelabers, wenn es keinen mehr wirklich interessiert, was da in irgendwelchen Runden ausgekungelt wird, macht der Investor den Sack zu und baut doch so, wie er es immer geplant hatte: Edel. Nobel. Hochklassig. Für Hochklassige. Jetzt neu: Luxus am Mauerpark, dem Eldorado der Kunst und Kultur, des Grillguts und Biersaufens, der Seiltänzer und Jongleure, der Trommler und Trompeter, an dem sich die ganze Welt trifft, um Berlin für seine Coolness zu feiern. Da baut man jetzt Luxus. Direkt daneben. Dick, fett, klobig und protzig. Durchgesetzt mit der alten bewährten Salamitaktik. Die Geißler-Methode. Klappt immer. Herzlichen Glückwunsch.

Wie man es von Anfang an hätte besser machen sollen? Friedrichshain macht es vor. Drei Tage, 6000 Demonstranten, die Mauer bleibt und der Luxusturm an der Eastside Gallery wird voraussichtlich nicht gebaut. Kein Wichtigtun. Kein Geseier. Nur die Tat.

Respekt, gleiches Potenzial hätte der Mauerpark gehabt. Wenn man es von Anfang an darauf angelegt hätte.Ich weiß im Übrigen jetzt schon, was ganz zuletzt herauskommen wird: Grillverbot am Falkplatz, sobald die ersten Hammelrauchschwaden in die Bonzenapartements wabern, Musikverbot zuerst am Wochenende, dann generell, weil zu laut, überhaupt muss der Flohmarkt weg, weil der Schmuddel den Wert des Objekts mindert und am Ende der Fahnenstange wird ein privater Wachdienst die Zugänge kontrollieren, damit sich kein Gesocks neben dem Investment niederlässt.

Und sobald der erste wandelnde Migrationshintergrund aus dem Wedding auf dem Weg zur Max-Schmeling-Halle übers Gelände latscht, wird alles eingezäunt und es gibt eine weitere Gated Community mitten im Bezirk.

Also sagen wir jetzt schon mal tschüss arabische Freiluft-Grillkultur, tschüss Hammel auf dem Spieß, tschüss DJs, tschüss Bongo-Trommeln, tschüss Joe Hatchibans Karaoke, tschüss Freiluftkonzerte und tschüss Bierkasten unterm Arsch. Denn bald ist auch hier Friedhof.

Und Ihr, Bürgerwerkstatt, protestiert mal schön weiter mit euren übrig gebliebenen 20 Debattierhanseln, stellt euch mit Pappschildern vor das Bezirksamt und macht euch endgültig lächerlich. Ihr habt eure Schuldigkeit getan, das Protestpotenzial ist weg, lange schon, und ihr habt mitgemacht. Man hat euch vorgeführt, abserviert und ihr habt es so lange nicht gemerkt.

Denn an den geschaffenen Fakten ändert niemand mehr etwas: Der Mauerpark wird befriedet werden und den Touristen wird es egal sein, die ziehen dann eben woanders hin, sobald Marco Polo seinen Reiseführer umschreibt – wahrscheinlich geht es dann in den Görli nach Kreuzberg.

Nur für den Bezirk tut es mir leid, er wird kulturell immer ärmer und ärmer und die Monokultur bleierner und bleierner.