
Vor dem Real im Treptower Park-Center steht ein Obststand namens Fruchti. Und der hat ein ganz raffiniertes Geschäftskonzept: Man packt dort möglichst leuchtend-farbiges, umwerfend gut aussehendes Obst in die Auslage, aus der sich aber der Kunde auf keinen Fall selber bedienen darf. Dafür bunkert man unter der Theke Ware, die stattdessen eingepackt wird.
Möchte der Kunde also zum Beispiel diese prallrot aus der Auslage entgegenleuchtenden „Du findest mich geil weil ich sehe so verfickt lecker aus“-Äpfel haben, so greift die Obstmatrone unter den Tresen und packt von dort Exemplare ein, die sich dann später beim Reinbeißen als oll und modrig herausstellen, lange nicht mehr essbar sind und zum großen Teil weggeschmissen werden müssen. Dieses Spiel läuft genau gleich mit Orangen und Mandarinen.
Ein wenig modifiziert man die Verarsche bei Plastikschalenware wie Erd-, Him- oder Brombeeren. Hier besteht die oberste Schicht aus makellosen Beeren und erst beim Mümmeln der obersten Schicht wird der fragwürdige Humus im Untergrund freigelegt, aus dem der ganze Rest des Beerenstapels besteht.
Natürlich ist man dann längst zuhause oder im Büro und hat gar keinen Bock, den Scheißdreck wieder ins Center zu schleppen und zu reklamieren, sondern ärgert sich stattdessen und beschließt, dort nie wieder etwas zu kaufen.
So ist das nur auf den ersten Blick fiese miese Gewinnmaximierung auf Kosten des Kunden, es ist eigentlich sogar ziemlich kurz gedacht und für einen Unternehmer strenggenommen selbstmörderisch.
Ich sehe da nämlich nur selten Leute stehen, wenn ich mal da bin. Wahrscheinlich hat der Fruchti-Stand schon die ganze hier wohnende oder arbeitende Bevölkerung verärgert, vergrätzt und vergrault und speist seine kümmerliche Existenz nur noch mit ahnungslosen Gästen von auswärts – Spaniern oder so, die sich aus Kreuzberg hierher verirrt haben und denken, hier gäbe es außer altem Obst etwas Nennenswertes zu sehen.
Endzeit, ganz klar. Das Sterben ist nicht nur abzusehen, man kann es sogar schon riechen. Es riecht nach gammligen Äpfeln aus meiner Obsttüte.
Und im Player läuft von Metallica „Die, die, die, my darling“. Ich ertappe mich beim Mitsummen.