
Das Elsenstein hatte mal einen ganz anderen Anspruch hier in Treptow, das sieht man noch ein wenig an den Resten der Aufmachung: Blütenweiße Tischdecken meets Loungebar meets Holzoptik.
Anspruch funktioniert in Treptow aber leider nicht, schon gar nicht an dieser Ecke in diesem Neubau gegenüber dieses jämmerlich unflorierenden Einkaufszentrums, in dem nur was los ist, wenn am Anfang des Monats die Stütze ausgezahlt wird und Verkaufsflächen so lange leerstehen bis sich Deichmann endlich erbarmt, hier an dieser Ecke der Bratwurstbutzen für Einsfünfzig, der Zweizwanzig-Döner, des völlig vereinsamten Multiplexkinos, in dem nie mehr als fünf Leute einen Film schauen, und der 50%-Auf-Alles-Werbetransparente an prekären Pastabars. Hier ist billig. Hier ist Dose. Tiefkühllasagne. Leggins. Mamas alte Buffalos. Kampfhund. Schmuggelkippen. Gummipizza. Sternburg. Und Kornfläschchen von der Supermarktkasse. Hallo Welt. Hier ist Treptow. Aloha-he. Ballyho Joho. Und ne Buddel Rumverschnitt von Lidl.
Das hat man im Elsenstein wohl auch erkannt und bietet jetzt einen Mittagstisch für 4,95.
Der ist nicht schlecht.
Wobei, der ist auch nicht wirklich gut.
Aber seine 4,95 schon wert.
Kantinen-Style. Irgendwas ist halt immer.
Salzkartoffeln. Kann jeder. Ganz nette Soße auf zu trockenem Fleisch. Frische Pilze in etwas zu dünner Suppe. Irgendwas ist halt immer. Kantine.
Manchmal überschlagen sie sich aber auch selbst. 5,90 für ein Entenbein mit Kartoffelklößen. Echte Kartoffelklöße. Erwartet habe ich meine persönliche Nemesis – die Pfanni-Gummiballknödel aus der Studentengruft – aber nein: Echte Kartoffeln und daraus echte Klöße, richtig gut. Und ein unerwartet gutes Entenbein dazu. Für 5,90. Jackpot.
Wenn es so ist, dann hat man Glück.
Wenn man sich aus den Mittagsangeboten rauswagt, kann es jedoch schnell ungemütlich werden. Das Rumpsteak für über 13 Euro ist irritierend klein und deutlich schmeckbar aufgetaut. Dazu versteht man hier unter „Medium Rare“ komplett durchgebratene Schuhsohle und garniert das Ganze oben mit einer Kräuterbutterblume im Stile der Autobahntankstelle Köckern in Sachsen-Anhalt oder wie am Schwenkbratengrill auf Bauer Mettes Heuballenfest. Nein, nein und verdammt nochmal nein, ich kann keine Kräuterbutterblumen mehr sehen, schon gar nicht auf einem Steak, das ist 80er und war damals schon schlecht.
Der beigefügte Salat schwimmt in einem mayonaiseschwangeren Dressing und ist aus diesem Grund ganz einfach unessbar. Wenigstens sind die Pommes gut. 13-Euro-Pommes. Trotzdem: So geht es nicht. Fleisch von der Karte: Bleibenlassen. Sie können es nicht.
Ob ich das mal wieder machen sollte, wollte, könnte, hier im traurigen Alt-Treptow, da bin ich mir nicht sicher, es gibt mittlerweile sogar hier in dieser bemitleidenswerten Gastrowüste bessere Möglichkeiten, Geld in Nahrung anzulegen.
Elsenstein
Elsenstr. 7-8
12435 Berlin