Runners Point im Ring Center

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Runners Point im Ring Center, Friedrichshain

Runners Point! Hut ab vor deinen Mitarbeitern, die den ganzen lieben langen Arbeitstag damit beschäftigt sind, schwielige, hornhautbewehrte, schwitzige und mit viel zu langen und sich deshalb schon gelblich krümmenden Fußnägeln verzierte Läuferfüße zu analysieren, zwischen deren Zehen noch die Sockenreste der letzten zwei Tage kleben.

Bah.

Gibt es eigentlich noch ekelhaftere Jobs als Läuferfüße auf Video aufzunehmen, um herauszufinden, ob die vom jahrelangen Marathonlaufen völlig verkrüppelten Käsemauken nun nach rechts vorne abknicken, sich über die Ferse links abrollen oder der Nagel des linken kleinen Zehs sich in der Mitte leicht nach oben wölbt wobei er ein aerodynamisches Luftloch produziert, dem nur mit dem neuen Laufschuh Asics Superstyle Anti-Toe-Air-Hole abgeholfen werden kann?

Moment ich muss mal kurz würgen.

Meine Güte, was für ein krasser Job, meines Erachtens müssten sich die Erschwerniszuschläge für so eine Tätigkeit an den Tarifen für Leichenwäscher und Motorradfahrerhirn-vom-Autobahnasphalt-Abkratzer orientieren, mindestens.

Deshalb, Hut ab, Runners Point! Deine Mitarbeiter bleiben bei dieser ganzen widerwärtigen Tätigkeit immer noch ruhig, freundlich und zuvorkommend, wo andere schon längst alle 10 Minuten auf die Toilette rennen würden, um immer noch ein wenig mehr Rest-Magensaft ins Personalklo zu kotzen.

Aber danke, ja, es hilft, diese vollelektronische Käsemaukenanalyse bei euch. Meine jährlichen Laufschuhe sitzen wie angegossen, polstern an der richtige Ecke, stabilisieren hier, dämpfen dort – ein Laufgefühl wie auf Wolken oder wie in einem guten alten Mercedes-Benz der 70er-Jahre.

Und manchmal wird man ja auch als abgestumpfter völlig desillusionierter Depri-Kunde in der kunterbunten Shoppingwelt noch schwer positiv überrascht und wird gezwungen, die eigenen Vorurteile dem üblicherweise rein auf Profit geiernden Verkaufspersonal gegenüber zu überdenken, da die Mitarbeiter von Runners Point die goldene Regel aller Hardcore-Vollblut-Über-den-Tisch-Zieher eiskalt missachten, die da lautet: Biete dem Kunden immer zuerst das allerteuerste Modell an, so erreichst du sein maximales Limit, was er an Geld ausgeben will.

Nein, nicht bei Runners Point, hier bietet man gleich zu Beginn schon auch die nur zweistelligen Sonderangebote an, welche die gleiche Funktion bieten wie die doppelt so teure Luxusversion. Danke dafür. Die Einkaufs-Welt ist doch nicht ganz schlecht.

Aber ein massives Ärgernis kann auch Runners Point nicht abstellen: Die Farben! Oje! Herrgott im Himmel, Laufschuhe scheint es nämlich prinzipiell nur in grellen neon-leuchtenden und möglichst überhaupt nicht zusammenpassenden Farbkombinationen zu geben. Neon-orange-türkis-weiß gesprenkelt, grün-blau-mit-gelb-ocker-Streifen oder weiß-hellblau-mit-rot-neongelber-Sohle-und-lila-Punkten, ein optisches Inferno jagt das nächste in seiner ganzen unverhohlenen Lächerlichkeit – ein kunterbuntes Laufschuhregal wie ein Kaugummiautomat oder die Fensterfront jeder beliebigen Kita.

Echt, alles, wirklich alles gibt es da an Farbkombinationen.

Nur kein schwarz.

Ein Trauerspiel, denn solcherlei quietschbuntes Schuhwerk macht aus jedem stets ganz in schwarz mit Sonnenbrille und spacigem Berlusconi-Gedächtnis-Kopftuch vor sich hin Laufenden im Handumdrehen einen uncoolen Clown. Ganz doof das.

Aber wahrscheinlich ist das Absicht. Man will diese ganzen todernsten und dauerverkniffen vor sich hinstarrenden komplett spaßbefreiten Superathletenstreber im schwarzen Ganzkörper-Gummianzug, die mit ihren Powergel-Gürteln und vollverkabelten GPS-Terminals aussehen wie Selbstmordattentäter ohne Bart auf der Suche nach einem lohnenden Ziel einfach mal runterholen von ihrem asketischen Elitedünkel, frei nach dem Motto: „Ihr seid auch nur ein paar traurige Presswürste in bunten Schuhen, die versuchen, dem unausweichlichen Gevatter Tod ein paar lausige Monate abzutrotzen.“ Haha, so gesehen finde ich die quietschbunten Laufschuhe schon wieder pädagogisch wertvoll.

Trotzdem hässlich. So ist das nun mal.

Egal. Runners Point! Hier die iPhone-Version als stupides aber von Herzen kommendes Schlussfeuerwerk eines dir stets freundlich zugeneigten Kunden: Danke, super Service, super Mitarbeiter, super Beratung.