
Saray Greifswalder Straße, Döner, Prenzlauer Berg
Life is hard and then you die
An der Stelle des fürchterlichsten Imbisses, an dem ich je zu essen verdammt war und der vollkommen zu Recht abgestorben ist, residiert nun ein Imbiss namens Saray Grill und setzt damit die Tradition der stetigen kulinarischen Erneuerung unterhalb der Zumutbarkeitsgrenze an diesem Ort fort.
Der Name Saray steht ja in berliner Imbisskreisen für tendenziell eher miese bis unterirdische geschmackliche Erlebnisse wie zum Beispiel in Friedrichshain oder an der Prenzlauer Allee. Dafür hat man sich dort stets an prominenten Ecken platziert, an dem zwar weniger Tagespublikum jedoch umso mehr besoffene Nachtschwärmer aus den umliegenden Bars und Clubs verköstigt werden. Die merken sowieso meistens nichts mehr und deswegen muss es nicht zwingend schmecken sondern nur satt machen.
Der Saray am S-Bahnhof Greifwalder Straße hat letztere Regel nicht beherzigt, denn am S-Bahnhof Greifswalder Straße gibt es zwar sowohl die Nacht als auch Schwärmer, die hier aber primär Berufspendler sind, aber keine Nachtschwärmer, zumindest keine besoffenen, und auch keine Touristen, denen man den letzten Mist als Nahrung verkaufen kann. Und wenn dort doch irgendwann mal potenzielle Nachtschwärmer mit Suffhunger aufschlagen, die von weit her aus dem nächsten angesagten Club hier landen, weil sie hier bedauernswerterweise wohnen, dann kehren die ausschließlich nebenan bei McDonalds ein. Wobei, Besoffene mit potenziellem Suffhunger gibt es jede Menge hier, aber die lungern nur vor und im S-Bahnhof plan- und ziellos herum und holen sich ihre Kalorien ausschließlich in hochprozentiger Form vom benachbarten Aldi und sicher nicht vom Saray.
Deswegen steht am Saray Imbiss selten jemand. Das ruft mich auf den Plan.
Der angebotene Döner wird in zwei Varianten präsentiert, zum Einen in der schon optisch widerlichen Hackfleisch-Variante, der man schon von weitem ihren fehlenden Charakter ansieht und zum anderen in der Hühnchen-Variante, die zumindest aussieht als hätte man es mit richtigem Fleisch zu tun..
Das Brot ist natürlich das banale Fladenbrot, welches ein wenig zu lange getoastet wird und deswegen eher keksartige Assoziationen hervorruft. Eigengeschmack ist außer einem leicht kohleartigen Röstaroma keiner festzustellen, was in der Konsequenz auch für das langweilige Gemüse gilt. Keine Überraschungen an der Beilagenfront.
Geschmacksträger sind ergo ausschließlich Fleisch und Soße, dies allerdings als totaler Knock-Out. Das Fleisch ist überwürzt, zersalzen und bildet mit der nur dem Namen nach scharfen Industriesoße eine mächtig-brackige Einheit, die dem Abgang zugleich eine herb-süß-säuerliche Note verleiht. Hier wurde offenbar weder an Zucker noch an Salz oder Fett gespart – im Ergebnis ist die ganze Mische extrem hart zu verdauen. Raffiniert oder gar authentisch ist anderswo. Ich möchte das nicht noch einmal essen müssen.
Der mit Käse oder Fleisch gefüllte Börek ist erwartungsgemäß unspektakulär, dafür aber so salzig, dass der Wunsch auf ein frisch gezapftes Pils alle anderen Empfindungen spontan überlagert. An der Füllung wird knallhart gespart, so dass außer dem außen leicht fettigen und innen sehr trockenen Teig sowie dem dominierenden Salz keine sonstige Eigenschaft zutage tritt. Auch hier gilt: Bitte nicht noch einmal.
Ein Lichtblick sind die Hähnchen, die mit einer „speziellen Mariade“ beworben werden, eine unglückliche Werbung, die aber doch neugierig macht. Das Ergebnis entpuppt sich zwar nur als schnödes Gartenkräuter-Salz-Gemisch auf Fettbasis, kann man aber gelten lassen. Das Fleisch selber ist von guter Qualität und selbst im Brustbereich nicht trocken. Gut.
Dennoch: Man darf gespannt sein, welcher Imbiss an diesem unheiligen Ort als nächstes sein Glück versucht, wenn der Saray bald erwatungsgemäß das Feld geräumt haben wird. Gastronomie mit Niveau wird es nicht sein, da halte ich jede Wette an diesem unseligen Ort.