
Cuno, asiatisch und Sushi, Kreuzberg
Es gibt da ja diese selbsternannten Sushi-Experten, die mit verbundenen Augen, einer Wäscheklammer auf der Nase und einem Korken im Arsch erkennen können, ob beim Rollen des rohen Fischs ein echter Meister aus Nippon am Werk war oder nur ein Dilettant, der auf der Volkshochschule Marzahn einen Sushi-Roll-Kurs belegt und nicht bestanden hat.
Ein wenig erinnern mich solcherlei Wichtigtuer, Heissluftschaufler und Klugscheisser, von denen ich fälschlicherweise glaubte, sie nach dem Abgangszeugnis der Schule endlich abhaken zu können, an diese unvermeidlichen selbsternannten Weinkenner, die einem auf Partys immer mal wieder über den Weg laufen und die mit vorher vom Etikett abgelesenen Infos zu Weinanbaugebiet und Hanglage mit wichtiger Miene ungefragt ein desinteressiertes Zwangspublikum beglücken und mit dem Brustton der Überzeugung ausnahmslos überall Brombeere oder Schokolade mit einem Hauch Vanille oder beim Weißen immer Maracuja herausschmecken, es sei denn auf dem Etikett steht was anderes wie etwa Zimt, Marille, Rosenzweigessenz, Arschwasserextrakt, Vogelbeere, Cannabis oder von mir aus auch eine Blutkonserve vom Roten Kreuz.
Ich will so etwas nicht tun. Ich spiele da nicht mit. Wein teile ich ein in „Schmeckt mir“ / „Schmeckt mir nicht“ und bei Sushi kommt noch die Höhe des Anteils Reis zu den übrigen Zutaten dazu. Da das Auge auch hier mitisst, freue ich mich über eine ansprechende Optik und verschone meine Mitmenschen ansonsten mit gönnerhaftem Pseudo-Wissen, für das sich außer dem Ego entsprechend aufgeblasener Zeitstehler sowieso niemand interessiert.
Hier beim Cuno kann ich mit Freude feststellen, dass mich sowohl Optik als auch der relativ niedrige Reisanteil überzeugen. Das Sushi schmeckt darüber hinaus frisch, die Kreationen sind einfallsreich und raffiniert im Geschmack. Und über die gratis Unagi-Soße freue ich mich, auch wenn ich nicht der Kandidat bin, der das Sushi in selbiger versenkt oder sie gar pur säuft.
Nein, sehr gut, das Sushi, eher sogar herausragend gut.
Die üblicherweise fade Misosuppe wird hier versuchsweise mit kleinen lustigen Pfifferlingen aufgepeppt. Das ist okay, aber löst leider keine solche Freude aus wie das Sushi.
Allerdings ist hier nicht nur das Sushi eine Nummer besser als anderswo, auch die Hauptspeisen lassen das meiste, was hier in der Gegend mittags angeboten wird, weit hinter sich.
Das Rindfleisch ist eine Nummer zarter, der Kimchi-Salat eine Nummer schärfer, die Vorspeisen eine Nummer raffinierter, die Gesamtkomposition eines warmen Mittagessen eine Nummer stimmiger, runder und voller und das Personal eine Nummer höflicher und schneller. Dafür sind wir eben auch preislich eine Etage weiter oben – konsequent muss sein. Preislich, ja das räume ich wirklich ein, sind wir hier eindeutig nicht auf Discounter-Niveau, sondern hier im Kiez vergleichweise halbhochpreisig. Kein 50%-Mittagsangebot, keine 25%-18:25-19:17-Uhr-Happy-Hour, die Gerichte kosten hier ausnahmsweise so viel wie sie wert sein sollten und das ist gerade an dieser Ecke, wo gerne mal sinnlos gedumpt wird, auch wieder konsequent.