Büroausstattung Linde

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Büroausstattung Linde, Schreibwaren, Prenzlauer Berg


Support your local Schreibwarenfuzzi oder Warum ich nicht bei McPaper kaufe

Vor etwa 12 Jahren hat das angefangen und die ganzen kleinen Einzelhändler hier in der Gegend sind reihenweise plattgegangen, krepiert an hohen Mieten kombiniert mit den durch Billiglöhne ermöglichten Dumpingangeboten der diversen Ketten. Geiz ist geil hieß es und der alte Einzelhändler, dessen Urgroßvater hier schon stand, kam in der grellen Werbung träge, muffig und oll rüber und hatte dazu nicht den Hauch einer Chance, an die Großhandelsmargen der Multis ranzukommen.

Und so kapitulierte der alte Schuster vor Mister Minit, der alteingesessene Bäcker vor Kamps, die kleine Boutique vor Kik und Schreibwaren Winter in den Schönhauser Allee Arcaden streckte als einer der letzten die Waffen vor McPaper. Übrig blieben nur minderheitsfähige Kuriositäten wie ein Bastelladen, eine Kerzendreherei, ein Laden für Rollenspieler-Nerds und ein Kifferbedarfsladen, dazu die unvermeidlichen Thai-„Nein wir sind kein Puff“-Massagesalons, Nagelstudios und Matrazenlager an jeder Ecke.

Doch der kleine Einzelhandel ist wieder im Kommen, zumindest in Prenzlauer Berg. Hier hat offenbar kein Mensch mehr Bock auf eine unterbezahlte pseudo-selbständige Kassiererin, mit Knebelverträgen an eine große Franchise-Firma mit Sitz in Übersee gekettet und den kargen Lohn mit Hartz IV aufstockend, die so schaut als würde sie jeden Abend nach Feierabend im feuchten Keller vom Franchisegeber mit Leitz-Ordnern, Heftklammern und Tesafilm gefoltert. Kein Mensch will mehr schuld sein, wenn man bei McPaper an der Kasse mit dem Mut der Verzweiflung Sonderangebote aufs Auge gedrückt bekommt, auf die man immer genau dann angesprochen wird, wenn man sie ganz bestimmt nicht braucht.

„Einmal Briefumschläge. Das macht einsfünfzig. Möchten Sie Geschenkpapier?“

„Wozu?“

„Ist im Angebot. Einsneununeunzig.“

„Nein, danke.“

„Ist aber im Angebot.“

„Nein, vielen Dank, ich weiß das zu schätzen, aber ich brauche kein Geschenkpapier, denn ich verschenke ausschließlich abgrundtiefe Abneigung an die Post, die S-Bahn, das Bezirksamt Pankow und vor allem an mich sinnlose Dinge fragende Mitmenschen und das muss man nicht einpacken. Uns das gibt’s ganz einfach so – ohne Geschenkpapier.“

Ich hege sogar den Verdacht, dass Prenzlauer Berg nicht ganz unschuldig daran ist, dass Schlecker eingegangen ist (und was freu ich mich darüber). In den letzten beiden Schleckerläden der Gegend sehe ich nie jemanden drin, diese Filialen des völlig zurecht in der Insolvenz befindlichen Ausbeuterschuppens werden hier mit einer Konsequenz von den Einheimischen ignoriert, die jeder Behauptung über gewissen- und herzlose Geiz-ist-geil-Kundschaft Lügen straft.

Call me Gutmensch, mir doch wumpe, aber ich möchte, dass jemand von seiner Arbeit gut leben kann und ich stehe damit offenbar nicht alleine da, denn überall machen jetzt wieder kleine Einzelgeschäfte auf und es ist fast wieder wie früher. Ich finde das gut, deswegen zahle ich bei El-Amine (nein, Oma, relax, nicht Al Qaida) gerne ein paar Cent mehr für meinen Tesafilm, meinen Ordner oder meinen Briefumschlag, dafür weiß ich aber, dass hier kein Konzern auf Kosten des prekären Personals die Dividende und die Boni für gierige Shareholder-Arschgeigen hochschraubt, sondern im Zweifel eine Familie davon lebt.

Dann bin ich mit mir im Reinen.

Und dann kann ich gut schlafen.

Schnarch.